Am vergangenen Wochenende haben wie angekündigt die Auslieferungen des ersten Elektroautos auf der neuen MEB-Plattform von Volkswagen begonnen, also des VW ID.3, der bei der Norm-Reichweite in zwei Akku-Größen an das Tesla Model 3 herankommt, was ebenfalls eine Premiere ist. Passend zur Aussagen von Volkswagen-Managern, bei Software noch etwa zwei Jahre Rückstand auf Tesla zu haben, werden im ID.3 einige Digital-Funktionen zunächst fehlen. Jetzt aber haben zwei große deutsche Auto-Zeitschriften den Elektro-Erstling von VW getestet – und berichten von Produktionsmängeln, wie sie auch Tesla vorgeworfen werden.
VW-Elektroauto mit Schwächen wie Tesla
„Fährt gut, patzt bei Verarbeitung und Elektronik“, lautete der Titel des Test-Berichts bei auto, motor sport (ams), veröffentlicht am vergangenen Mittwoch. Elektronik-Schwächen waren angesichts der bekannten Software-Probleme bei VW erwartet worden, aber eine schlechte Verarbeitung? Die problemlose Produktion von hohen Stückzahlen sollte eigentlich einer der Vorteile von etablierten Herstellern wie VW gegenüber Tesla sein, wenn sie mit eigenen Elektroautos auf den Markt kommen. Massenhaft Karosserien und Fahrwerke bauen sie anders als Tesla schließlich schon seit Jahrzehnten.
Doch das Urteil von ams ist in dieser Hinsicht deutlich: Der ID.3 erfülle nicht die bei VW gewohnt hohen Ansprüche an Pass-Genauigkeit der Karosserie-Teile, minimale Spalt-Maße sowie hochwertige Materialien und Details, schreiben die Tester über das Elektroauto. Das ist fast dasselbe, was immer wieder über Tesla zu lesen ist, zuletzt vermehrt beim Model Y. Hinzu kommen ganz anders als bei Tesla laut ams bei VW die Elektronik-Schwächen wie langsames Infotainment und gelegentlich blindes Navigationssystem. Fahr-Eigenschaften und Reichweite, auch Kern-Kompetenzen von Tesla, finden die Tester beim VW ID.3 dann wieder überzeugend.
Bei dem Testwagen habe es sich um ein „seriennahes“ Modell gehandelt, informiert ams. In der fertigen Version könnte der ID.3 also schon besser sein – andererseits werden für Presse-Tests gern besonders gelungene Exemplare bereitgestellt. So oder so erschien an diesem Montag ein weiterer Test-Bericht eines großen deutschen Auto-Mediums, dessen Erfahrung ganz ähnlich klingt: „Für den Preis hätten wir mehr erwartet“, lautet die Überschrift zum ID.3-Test bei Auto-Bild, und kritisiert werden auch darin Verarbeitung und Material-Wahl.
VW-Elektroauto ID.3 punktet beim Fahren
Der wohl am stärksten an Tesla erinnernde Makel, den Auto-Bild beim VW ID.3 feststellte, betraf die Front-Scheibe: Diese habe um „mehrere Millimeter asymmetrisch versetzt im Rahmen“ geklebt, heißt es in dem Bericht. Im Innenraum fielen außerdem viel hartes Oberflächen-Plastik und lieblos vernähte Stoff-Bezüge auf. Aber auch bei Auto-Bild konnte der Elektro-VW mit seinen Fahr-Leistungen und Verbrauch nah an der WLTP-Angabe viel Boden gutmachen: Insgesamt bekommt er eine Zwei plus.
Auch Tesla-CEO Elon Musk sagte vor kurzem nach ein paar Test-Kurven mit VW-Chef Herbert Diess auf dem Flughafen Braunschweig-Wolfsburg, für ein nicht sportlich gemeintes Auto fahre der ID.3 gar nicht schlecht. Aber bei dem späten und kurzen Zusammentreffen war es dunkel, sodass Musk kaum die Chance hatte, sich die Karosserie-Qualität näher anzusehen – wenn sich der Tesla-Chef denn überhaupt dafür interessiert.