Bis Ende 2023 soll die von der Bundesregierung eingerichtete Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur dafür sorgen, dass Deutschland ein Netz aus 1000 Stationen für das schnelle Laden von Elektroautos bekommt. Aber die dafür nötige Standort-Ausschreibung wurde bereits auf 2021 verschoben und dürfte nicht deutlich vor Ende des Jahres beendet sein, sodass vorerst nicht viel Konkretes daraus zu erwarten ist. Damit bleiben deutsche Elektroauto-Fahrer einstweilen auf rein private Projekte angewiesen. Und hier sticht neben Tesla immer deutlicher der Energieversorger EnBW hervor, der jetzt erneut eine Erweiterung seines Netzes aus schnellen Ladestandorten um bis zu 80 Standorte bekanntgab.
Elektroautos laden bei Hellweg-Märkten
Technik für Ladestationen scheint inzwischen fast so knapp zu sein wie Batteriezellen für Elektroautos – jedenfalls nannte vor kurzem der Chef des deutschen Tankstellen-Geschäfts von Shell mangelnde Säulen-Verfügbarkeit als einen der Gründe für die verzögerte Umsetzung eigener Lade-Pläne. Zunehmend eng wird es offenbar gleichzeitig bei geeigneten Standorten. Sowohl Vertreter von Tesla als auch von Fastned appellierten bei Eröffnungen in den vergangenen Monaten öffentlich an die Besitzer und Betreiber von Grundstücken, sich zwecks Kooperationen zu melden.
Besonderes Geschick bei dieser Standortsuche für Elektroauto-Infrastruktur scheint aber der deutsche Versorger EnBW zu haben. Kurz nacheinander gab er im November bekannt, zunächst 30 neue Schnell-Ladestationen an Baumärkten der Kette toom einzurichten; weitere der insgesamt gut 330 toom-Filialen sollen später dazukommen. Dann folgte die Ankündigung, alle 150 Standorte der Immobilienfirma Deutsche Konsum, auf denen Supermärkte und Baumärkte von Rewe oder Obi stehen, mit schnellen Säulen auszustatten. Und erneut nur wenige Tage später meldete EnBW jetzt, dass zusätzlich bis zu 80 Bau- und Gartenmärkte der Kette Hellweg zu Standorten für Elektroauto-Laden mit hoher Leistung werden sollen.
Wie das „bis zu“ in der Pressemitteilung zu verstehen ist, lässt der Text offen. Hellweg betreibt nach den Angaben darin 97 eigene Märkte in Deutschland und Österreich sowie 53 unter der Marke BayWa in Süddeutschland. Zehn deutsche davon sollen bis Ende des Jahres mit Ladesäulen ausgestattet sein.
EnBW mit viel mehr Standorten als Tesla
Schon vor der Welle von Ankündigungen im November war EnBW nach eigenen Angaben mit 450 Standorten der Betreiber des größten Netzes für schnelles Elektroauto-Laden in Deutschland. Auch Tesla baut sein Supercharger-Netz immer weiter aus, kommt bislang aber nur auf rund 80 aktive deutsche Stationen. Allein die neue Vereinbarung mit Hellweg könnte dem EnBW-Netz also so viele neue Standorte bringen, wie Tesla in den vergangenen Jahren aufgebaut hat – allerdings finden sich an Supercharger-Stationen fast immer deutlich mehr einzelne Ladepunkte als bei anderen.
Als Ziel bekräftigte EnBW jetzt jedenfalls, schon 2021 die Zahl von 1000 schnellen Standorten mit 3000 Ladepunkten in Deutschland zu erreichen. Wie es aussieht, kommt der Aufbau einer umfassenden Infrastruktur also auch ohne die staatliche Leitstelle mit rein privaten Initiativen von EnBW, Tesla und anderen gut voran – doch Elektroauto-Fahrer und -Interessenten dürften beides begrüßen.