Der deutsche Auto-Konzern Volkswagen, der mit reinen Elektroauto-Plattformen und einer Modell-Offensive ohnehin schon auf Tesla-Kurs ist, will sein Engagement in diesem Bereich mit Investitionen in China drastisch ausbauen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf informierte Personen. Zwei Transaktionen könnten demnach noch in dieser Woche offiziell verkündet werden. Zum einen will sich Volkswagen 50 Prozent an der Mutter des bestehenden Elektroauto-Partners JAC Motors sichern. Zum anderen soll eine Beteiligung von 27 Prozent an dem Batterie-Hersteller Guoxuan High-tech bevorstehen.
Aktualisierung: Volkswagen hat die Investitionen in China offiziell gemeldet und sie auf rund 2 Milliarden Euro beziffert. Für 50 Prozent an der JAC-Mutter und die Aufstockung des Anteils an dem Joint-Venture mit ihr gebe der Konzern 1 Milliarde aus, hieß es am Freitag in einer Mitteilung. Bestätigt wurde auch der Einstieg bei Guoxuan; 26 Prozent an dem chinesischen Zell-Fertiger (der mit seinem offenbar neuen Namen Gotion High-tech bezeichnet wurde) würden für ebenfalls rund 1 Milliarde Euro übernommen. Damit baue Volkswagen seine Elektroauto-Offensive in China weiter aus, wird Konzern-Vorstandschef Herbert Diess zitiert.
Volkswagen wird offensiv wie Tesla
China bildete ohnehin seit Jahren den Wachstumsschwerpunkt für die klassische Auto-Industrie, und bei Elektroautos sieht es zunehmend nicht anders aus – auch weil deren Produktion und Verkauf dort seit Jahren gezielt gefördert werden. Tesla investiert in den massiven Ausbau seiner chinesischen Gigafactory und will die Kapazität noch in der ersten Jahreshälfte auf 4000 Model 3 pro Woche steigern; im ersten Quartal 2021 soll ein weiteres Werk für das Tesla Model Y fertig sein.
Mit den berichteten Investitionen auf dem Vorreiter-Markt scheint Volkswagen wie Tesla zu versuchen, trotz Coronavirus-Krise in die Offensive zu gehen. Zudem nutzt der deutsche Konzern wie zuvor BMW und Tesla die neue Möglichkeit für ausländische Unternehmen in China, die Kontrolle über Werke in dem Land zu behalten.
Laut Reuters ist das erste Ziel von Volkswagen eine Beteiligung von 50 Prozent an der Anhui Jianghuai Automobile Group Holding, die mindestens 491 Millionen Dollar kosten werde. Das staatseigene Unternehmen besitze 25,23 Prozent an dem Joint-Venture JAC Motors, das zu 50 Prozent bereits Volkswagen gehört. Mit der neuen Beteiligung an Anhui Jianghuai würden sich die Deutschen also die Mehrheit an dem Hersteller sichern, der bereits mehrere Elektroautos auf dem chinesischen Markt anbietet. Nach der Übernahme wolle VW weiteres Kapital für JAC bereitstellen und damit die Produktionskapazitäten auf seiner Elektroauto-Platform MEB erhöhen, so Reuters.
Einstieg in Zell-Produktion vor Tesla
Darüber hinaus will Volkswagen laut dem Bericht 27 Prozent an dem chinesischen Batterie-Hersteller Guoxuan High-tech kaufen; der aktuelle Wert dieses Anteils nach Börsenkursen wird auf 1,16 Milliarden Dollar beziffert. Das Unternehmen ist deutlich weniger bekannt als der Marktführer und Tesla-Partner CATL, laut Automotive News aber der drittgrößte Akku-Produzent im Land, mit allerdings nur 5 Prozent Marktanteil nach CATL und BYD.
Berichte über Kauf-Interesse von Volkswagen hatte es bereits Anfang des Jahres gegeben. Damals war aber noch von einem deutlich niedrigeren Preis von 560 Millionen Dollar für einen Anteil von 20 Prozent die Rede. Der Einstieg des deutschen Konzerns in eine (fast) eigene Akku-Produktion kommt, wenn er sich denn bestätigt, früher als der bislang nur angekündigte von Tesla, der allerdings ein deutlich größeres Ausmaß haben dürfte. Aber offenbar hätte Volkswagen viel Geld sparen können, wenn die Entscheidung schneller gefallen wäre.