Die Verkäufe von reinen Elektroautos haben in Europa einschließlich Deutschland zuletzt kräftig angezogen – angetrieben von höheren Kauf-Prämien, guter Luft während der Corona-Lockdowns und wohl auch besserer Verfügbarkeit bei Tesla wie anderen Herstellern. Auf längere Sicht erwartet laut einer aktuellen Studie sogar eine deutliche Mehrheit der Verbraucher in vier europäischen Ländern, dass sich Autos mit Elektroantrieb durchsetzen werden – aber selbst ein Elektroauto als Erstwagen kaufen würden derzeit nur 12 Prozent.
12% wollen Elektroauto als Erstwagen
Diese Ergebnisse gehen aus einer repräsentativen Befragung von 2619 Personen in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien, die der Auto-Zulieferer Bosch vergangene Woche veröffentlichte. Demnach würden im Durchschnitt der vier Länder 50 Prozent als Erstwagen einen reinen Verbrenner wählen, wenn sie „morgen ein neues Auto kaufen könnten“; in Deutschland war dieser Anteil mit 60 Prozent am höchsten, in Italien mit 35 Prozent am niedrigsten. Im Europa-Schnitt nur 12 Prozent entschieden sich für ein Elektroauto, mit 28 Prozent mehr als doppelt so viele für ein Hybrid-Fahrzeug.
Solche Daten lassen erkennen, dass sich Elektroautos trotz der jüngsten Verkaufserfolge von Tesla und anderen und trotz verstärkter politischer Förderung dafür immer noch in einer Nische befinden. Bei den Neuzulassungen für diesen September lag der Anteil reiner Elektroautos in Deutschland auf dem neuen Rekord-Wert von 6,6 Prozent. An der Spitze dabei stand das ungleiche Trio aus dem deutschen Bestseller Renault Zoe, dem Tesla Model 3 und dem VW ID.3, dessen Auslieferungen Mitte September begannen.
Immerhin bei der Frage nach dem Zweitwagen zeigten sich Europäer in der aktuellen Bosch-Studie gegenüber Elektroautos aufgeschlossener: 19 Prozent würden sich dafür entscheiden. Das sind immer noch weniger als bei reinen Verbrennern mit 36 Prozent, aber knapp mehr als bei Hybridautos, die von 18 Prozent als erste Zweitwagen-Wahl genannt wurden. In Deutschland war die Elektroauto-Kaufbereitschaft bei diesem Punkt mit 20 Prozent sogar am höchsten.
Zweifel an Umwelt-Vorteilen
Dennoch bleiben Verbrenner bei Erst- wie Zweitwagen deutlich vorn. Umso größer ist der Kontrast zu einer Einschätzung, die von einer Zwei-Drittel-Mehrheit der Befragten vertreten wurde: 68 Prozent gingen davon aus, dass Elektroautos zu den Antriebsarten zählen werden, die im Jahr 2030 genutzt werden – mehr als bei jeder anderen Option. Verbrenner wurden von 33 Prozent als auch in zehn Jahren noch relevant eingeschätzt, Hybridautos von 54 Prozent, lagen also in der Mitte.
Insgesamt entsteht so fast der Eindruck, der durchschnittliche Europäer wolle gar kein Elektroauto, erwarte aber, dass sie sich bis 2030 durch politische Vorgaben trotzdem durchsetzen. Positiver könnte man interpretieren, dass erwartet wird, dass bis dahin alles erledigt ist, was heute noch gegen Elektroautos spricht – außer bei Tesla könnte man als aktuellen Hinderungsgrund etwa die Lade-Möglichkeiten sehen. Allerdings hatte schon eine reine Deutschland-Studie Mitte Oktober gezeigt, dass eine (zudem wachsende) Mehrheit der Bevölkerung nicht von den Umwelt-Vorteilen von Elektroautos überzeugt ist.