Nach mehreren Verschiebungen haben ausgewählte Tesla-Besitzer in den USA am vergangenen Wochenende die neueste Version der als FSD bezeichneten Beta-Software für das Autopilot-System bekommen – und sich dann beeilt, sie auszuprobieren und darüber zu berichten. Die ersten Sofort-Tests fanden wegen des Download-Starts um Mitternacht in Kalifornien bei recht leeren Straßen und Dunkelheit statt, was sowohl die Bildqualität als auch die Aussagekraft beeinträchtigte. Bis Montag aber kamen weitere FSD-Probefahrten im Hellen hinzu – und auf gewisse Weise war für Tesla-Anhänger wie -Skeptiker etwas dabei.
Test-Tesla tastet sich vor
Wie es gelegentlich seine Art ist, hatte Tesla-CEO Elon Musk die Veröffentlichung der neuen Beta-Version mit der Nummer V9 seit dem Frühjahr zwar mehrfach verschoben, dabei aber hohe Erwartungen geschürt. Sie werde atemberaubend sein („blow your mind“), ergänzte er zum Beispiel Ende April, nachdem er das Erscheinen in „wahrscheinlich zwei Wochen“ angekündigt hatte. Hinzu kommt im größeren zeitlichen Bild, dass Musk komplett autonomes Fahren, zu dem die FSD-Software letztlich führen soll, schon seit Jahren als technisch bald gelöst darstellt.
Jetzt aber gab es erst einmal die neue Beta-Version der FSD-Software ohne die Ausweitung auf viel mehr Tester, die Musk ebenfalls angekündigt hat. Ob sie wirklich „atemberaubend“ ist oder nicht, hängt nach den ersten Rückmeldungen davon ab, wen man fragt – und an welchen Erwartungen man den aktuellen Stand misst.
https://twitter.com/kimpaquette/status/1414351707660763137
So zeigte sich die regelmäßige Beta-Testerin @kimpaquette sehr zufrieden, nachdem sie mit FSD V9 ihre übliche Strecke zum Computer-Quälen gefahren war. Als besondere Herausforderung für Menschen wie Maschinen gibt es darauf eine versetzte Kreuzung, an der man kaum den von rechts kommenden Verkehr mit Vorfahrt erkennen kann. Die Frau am Steuer kommentiert das nervös, aber tatsächlich tastet sich das Model 3 erst vorsichtig in die querende Straße, sodass die Kameras in der Frontscheibe mehr sehen können, und nutzt dann recht entschlossen eine ausreichend große Lücke, um nach links abzubiegen.
Rote Ampel ignoriert mit Autopilot?
Auch in einem Test-Video des bekannten Tesla-Twitterers @WholeMarsBlog meistert der Beta-Autopilot einige schwierige Situationen. Der Tester selbst nennt für sein gut 2 Minuten langes Zeitraffer-Video nur eine Intervention, doch relativ am Anfang scheint er zusammen mit seinem Tesla eine rot werdende Ampel zu überfahren. Und bei seinem einem bestätigten Eingreifen wurde es ganz schön eng: Auf einer auf beiden Seiten stellenweise mit parkenden Autos verengten Straße mit Kurven macht sich ein entgegenkommendes SUV breit. Der Tesla-Tester bremst gerade noch rechtzeitig selbst bis zum Stillstand, wie man an dem Autopilot-Abschiedston erkennen kann.
FSD Beta 9 drive on narrow neighborhood streets with one disengagement @elonmusk $tsla pic.twitter.com/QaXNTsQbPf
— Whole Mars Catalog (Supervised) (@WholeMarsBlog) July 11, 2021
Neben der langen Wartezeit darauf ist eine Besonderheit der neuen Beta-Software, dass sie laut Musk die erste FSD-Version ist, die Tesla ohne Auswertung von Radar-Daten angelegt hat. Mit der Zeit habe sich gezeigt, dass dieser Sensor insgesamt zu viel Rauschen in den auszuwertenden Daten-Strom bringt, sagte er zu dieser Entscheidung im April. Die Zukunft bei Tesla soll jetzt „pure vision“ sein, also reine Auswertung von Kamera-Bildern mit immer besserer künstlicher Intelligenz. Laut Musks KI-Chef Andrej Karpathy wird es nicht mehr lange dauern, bis Maschinen Menschen damit in der Fahraufgabe überlegen sind. Vorerst aber liefert die neue FSD-Software dafür selbst ein eher gemischtes Bild.