Eine Vielzahl von Modellen auf Basis des neuen Baukastens MEB sollte für Volkswagen beginnend mit dem ID.3 ab Herbst 2020 den Weg in eine erfolgreiche Elektroauto-Zukunft bereiten. Doch der ist steinig – im vergangenen Jahr wurde der VW ID.3 in Europa nur ungefähr halb so oft neu zugelassen wie das Tesla Model 3, und der ID.4 noch seltener. Zu dem schwachen Abschneiden könnte auch die im Vergleich zu Tesla mäßige Software für die MEB-Elektroautos beigetragen haben. In der neuesten Version soll sie allerdings gelungen sein, und das Update auf 3.0 ist auch für Bestandsfahrzeuge vorgesehen. Die müssen für die Funk-Aktualisierung aber, auch wenn VW das nicht so richtig sagen wollte, noch einmal in die Werkstatt.
Vorteile gegenüber Tesla Autopilot
Der ID.3 und darauf folgende MEB-Modelle bis zum ID.6 in China sowie die von anderen Marken des Volkswagen-Konzerns sind unzweifelhaft rein elektrisch. Doch Tesla hat mit konsequenter Digitalisierung eine zweite Disruption in die Auto-Branche gebracht, und hier scheinen sich etablierte Hersteller mit dem Nachziehen noch schwerer zu tun. So sollten MEB-Elektroautos von Anfang an auch per Funk (over the air – OTA) zu aktualisieren sein, aber beim ID.3 dauerte es damit. Das gilt noch heute buchstäblich, denn wo es möglich wurde, nahm das OTA-Update auf Software 2.3 mehr als drei Stunden in Anspruch.
Immerhin aber hat Volkswagen inzwischen die dritte Generation seiner MEB-Software entwickelt. Die wird zunächst auf neu produzierte ID-Elektroautos aufgespielt und ist nach Ansicht des bekannten Elektroauto-Vermieters Stefan Moeller weitestgehend gelungen. Davon berichtete der nextmove-Geschäftsführer in dieser Woche in einem ausführlichen Test mit einem VW ID.4 mit Software 3.0. Den aktualisierten Fahrassistenten Travel Assist fand er wegen Temposchild-Erkennung auf der Autobahn und sanfterer sowie früherer Reaktion auf Limits sogar besser als das Autopilot-System von Tesla, die Navigation jetzt überzeugender als in seinem Kia EV6.
Außerdem hat VW jedenfalls dem Test-Fahrzeug mit der neuen Software deutlich mehr maximale Ladeleistung spendiert als angegeben: Mit 3.0 sollte sie bei der großen Batterie mit 77 Kilowattstunden auf bis zu 135 Kilowatt steigen. Moeller sah beim Laden sogar kurz bis zu 178 Kilowatt, und bis zu etwa 40 Prozent Akku-Stand blieb die Leistung über 100 Kilowatt. Was Moeller noch fehlt, war eine Akku-Vorheizung auf dem Weg zum Gleichstrom-Laden wie bei Tesla, damit die Strom-Aufnahme auch nach ruhigerer Anfahrt möglichst schnell vonstatten geht.
Vor Funk-Update in die VW-Werkstatt
Auf dem neuen Software-Stand könne das VW-Elektroautos einiges mehr als Wettbewerber, fasst der Vermieter zusammen. Dazu zählt er Hyundai und Kia, aber wegen der Schwächen des aktuellen Autopilot-Systems im Vergleich auch Tesla. Allerdings zeigt der deutsche Hersteller mit diesem Update zugleich, dass Digitalisierung für ihn immer noch ihre Tücken hat. Nach den Neufahrzeugen sollen ab dem zweiten Quartal auch schon verkaufte ID.3 und ID.4 die Software 3.0 bekommen, und zwar per Funk, wie es in einer Pressemitteilung dazu heißt. In einem Interview mit dem nextmove-Chef bestätigte der VW-Vorstand für technische Entwicklung aber, dass vorher ein „pit stop“ erforderlich sei, bei dem die Elektroautos eine neue 12-Volt-Batterie bekommen. Denn das OTA-Update auf 3.0 dauere etwa sechs Stunden, wofür die bisherige nicht reiche. Um per Funk auf den neuesten Stand zu kommen, müssen bisherige ID.3 und ID.4 also erst noch einmal in die Werkstatt.