Zum Jahresende hat teslamag.de sieben bekannte Personen aus der Welt von Elektromobilität und Energie gebeten, je sieben Fragen zu beantworten. Stefan Moeller muss man in dieser Reihe wohl fast nicht vorstellen: Als der geschäftsführende Gesellschafter im Jahr 2019 für seine Elektroauto-Vermietung nextmove 100 Model 3 bestellte, die dann nach einem teils öffentlichen Streit mit Tesla nicht ausgeliefert wurden, berichteten sogar internationale Medien darüber. Seitdem vermietet Moeller weiter nur Elektroautos und kauft dafür längst auch wieder Teslas – und macht sich zusätzlich einen Namen als Reporter, der in wöchentlichen YouTube-News nicht selten exklusive Informationen präsentiert.
Fahren Sie ein Elektroauto? Wenn ja, welches und warum? Wenn nein, bitte ebenfalls Modell und Grund nennen.
Ja klar, schon seit 2012. Seit Ende 2014 bin ich auch auf der Langstrecke elektrisch unterwegs, davon 2014 bis 2019 im Tesla Model S. Der Grund für den Umstieg war die Reduktion meines persönlichen CO2-Fußabdrucks. Mit der Geburt unseres ersten Kindes im Jahr 2006 hatten wir ein Einfamilienhaus gekauft und das in den Jahren danach auf nahe 0 Gramm CO2 gebracht: Strom aus Erneuerbaren Energien Made in Germany und Eigenstrom durch Photovoltaik, umfangreiche bauliche Energiesparmaßnahmen und Heizung mit 100% Biogas aus abfallverwertenden Anlagen. Beim Auto teste ich mich beruflich bedingt seit 2016 quer durch den Markt und fahre privat seit Juni 2021 einen Hyundai Ioniq 5. Im Alltag versuche ich häufiger das Fahrrad zu nutzen.
Was ist das Beste und das Nervigste an diesem (Elektro)auto?
Das Auto sieht gut aus und bietet dank Allradantrieb jede Menge Fahrspaß. Das Platzangebot, insbesondere der variable Innenraum, und die im Sommer sehr kurzen Ladezeiten von in der Praxis oft nur 15 Minuten machen den Ioniq 5 zu einem tollen Familienreise-Auto. Dank Ionity-Abo lade ich aktuell europaweit ohne Grundgebühr für 29 Cent pro kWh.
Die Kritikpunkte sind durchaus umfangreich, waren aber im Wesentlichen vorab bekannt und somit bereits Bestandteil meiner Kaufentscheidung: Der Autobahnverbrauch ist sehr hoch und damit die Reichweite überschaubar. Softwareseitig hat das Fahrzeug noch viel Potential nach oben. Die Bedienung ist komplex und nur wenig intuitiv. Das Navi hat ein Problem mit Baustellen und Ladestationen. Die Routenplanung mit Ladestopps ist auf dem Niveau von 2015 und aktuell unbrauchbar. Im Winter gibt es ein ausgeprägtes „Coldgate“, also etwa eine Verdoppelung der Ladezeiten mangels Möglichkeit, den Akku schon vor Ankunft an der Ladesäule zu heizen.
Kurz vor Weihnachten 2021 habe ich übrigens mein Fahrzeug gewechselt. Welches es geworden ist, verrate ich aber erst nächstes Jahr.
2021 wurden voraussichtlich an die 350.000 reine Elektroautos in Deutschland verkauft. Wie viele werden es 2022 sein?
Wir haben im Januar 2021 in einem umfangreichen Analyse-Video die Zahl von 400.000 reinen Elektroautos für 2021 prognostiziert. Ohne den Chipmangel wären wir vermutlich auch in dieser Region gelandet. Wir arbeiten bereits an unserer Prognose für 2022, die wir im Januar auf Basis der Dezember-Zahlen finalisieren. Natürlich erwarten wir weiterhin einen deutlichen Anstieg, aber vermutlich nach wie vor mit teilweise angezogener Handbremse. Denn die Chipkrise wird uns ganz sicher noch ein paar Quartale begleiten. Auch 2022 wird das Marktwachstum nicht durch die Nachfrage, sondern durch das Angebot limitiert sein. Maßgeblich für die Absatzziele der Hersteller wird vor allem auch die CO2-Quote auf europäischer Ebene werden.
Was müsste passieren, damit schon 2025 niemand in Deutschland mehr ein Auto mit Verbrennungsmotor kaufen will, und wäre das positiv?
Aus meiner Sicht werden erforderliche politische Vorgaben zur Abmilderung der Klimakrise individuelle Mobilität verteuern. Parallel müssen andere Angebote ausgebaut werden. Ich wünsche mir politisch nicht nur eine steuerlich angemessene Behandlung von Plugin-Hybriden, sondern auch den Mut zu einem Bonus-Malus-System nach CO2-Ausstoß und Gewicht – man könnte es auch SUV-Steuer nennen.
Elektroautos werden günstiger und reichweitenstärker und so den Verbrenner verdrängen. Wir brauchen nicht nur den „Super-Akku“ (1000 km Reichweite + 10 min Ladezeit), sondern vor allem preisgünstige Angebote für die breite Masse, nicht nur in Deutschland. Der Akku der Zukunft muss aus meiner Sicht folgende Kriterien erfüllen: billig, ressourcenschonend, ohne seltene Rohstoffe, langlebig, recyclingfähig, robust. Tesla ist aus meiner Sicht Vorreiter auf diesem Weg und hat schon seit einem Jahr mit dem LFP-Akku im Model 3 ein Produkt am Start, das deutsche Hersteller erst für 2023 und später angekündigt haben. Bis dahin erleben wir hoffentlich schon den nächsten Schritt in dieser Richtung mit einem Natrium-Ionen-Akku, ganz ohne Nickel, Kobalt und Lithium. Wenn ich heute einen Tesla kaufen würde, würde ich ein Fahrzeug mit LFP-Akku nehmen – trotz der Kälteempfindlichkeit.
Die klassischen Autovermietungen haben sich mit Elektroautos lange zurückgehalten, was sich spätestens mit dem Kauf von 100.000 Tesla Model 3 durch Hertz zu ändern scheint. Ist das ein Problem für spezialisierte Anbieter wie Sie?
Wir hatten in Deutschland im November zwar bereits 20 Prozent vollelektrische Erstzulassungen bei neuen Pkw, aber im Bestand liegt die Quote noch bei unter 2 Prozent. Da ist noch viel zu tun. Natürlich werden auch wir unsere Angebote und Geschäftsmodelle weiterentwickeln.
Sie haben 2019 viel Aufmerksamkeit mit der Meldung erregt, dass es in Zusammenhang mit der Bestellung von 100 Model 3 Probleme mit Tesla gab. Bekommen Sie Großkunden wie Sie dort inzwischen eine Vorzugsbehandlung?
Das Wort „Kundenbeziehung“ ist aus unserer Sicht kein Bestandteil der Tesla-Mission. Wir werden im Service fair behandelt und versuchen, so gut wie es geht, mit dem Tesla-Universum klarzukommen. Tesla hat sich in einer großen Umfrage von uns mit dem Partner Uscale (>4000 Teilnehmer) beim Thema Weiterempfehlung mit großem Abstand positiv vom Wettbewerb abgesetzt. Wenn ein vereinbarter Servicetermin mangels Ersatzteilen mit einem Tag Vorlauf abgesagt wird, trifft uns das natürlich härter als einen Endkunden, da bei uns dann zweimal Nutzungsausfallkosten auflaufen.
Nextmove hat so ziemlich alle aktuellen Elektroautos in der Flotte: Welches davon ist für Sie das insgesamt überzeugendste und welches am beliebtesten?
Solche Aussagen sind pauschal natürlich schwierig. Ich sage immer: Gute und schlechte E-Autos gibt es nicht. Teslas erfreuen sich auch in unserer Flotte einer hohen Beliebtheit. Aber es gibt verschiedene Gründe, warum Tesla nicht pauschal für jeden Autokäufer die richtige Wahl sein muss. Die Auswahl an attraktiven Elektroautos ist 2021 stark angestiegen und in den kommenden Jahren werden immer mehr Menschen das für sie passende Auto finden. Dabei unterstützen wir sie gern mit unseren 400 E-Autos an 10 Standorten für den persönlichen Alltagstest. Besser kann man den Umstieg wohl kaum vorbereiten und natürlich geht es auch darum, teure Fehlentscheidungen zu vermeiden.
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Alle Beiträge in unserer Reihe „7 Köpfe, 7 Fragen“:
Wie wird die Qualität des deutschen Model Y, Tesla-Doktor Ove Kröger? (25.12.)
Wird Elektroauto-Laden 2022 noch teurer, Timo Sillober von EnBW? (26.12.)
Warum fahren Sie so viel Tesla, Hansjörg von Gemmingen-Hornberg? (27.12.)
Was ist schneller als ein Plaid-Tesla, Rennfahrerin Lina van de Mars? (28.12.)
Wie oft haben Sie 2021 an Elon Musk geschrieben, Tesla-Kenner Adrian? (29.12.)
Welches Ihrer Elektroautos ist das beste, Stefan Moeller von nextmove? (30.12.)
Was wird 2022 die größte Tesla-Herausforderung, Minister Steinbach? (31.12.)