Stück für Stück öffnet Tesla sein Supercharger-Netz. In den Niederlanden sind inzwischen alle Stationen auch für Elektroautos anderer Marken freigegeben, in Norwegen kamen soeben die meisten entlang der Küste zum Nordkap hinzu, der Rest der Welt soll laut CEO Elon Musk folgen. Wir haben erst einmal unweit der deutschen Grenze probiert, wie sich die Tesla-Infrastruktur und verschiedene fremde Elektroautos vertragen.
Fremde Fabrikate laden mit Tesla-App
Der Supercharger im niederländischen Hengelo mit seinen 16 Ladesäulen ist für uns auf Testfahrten bequem zu erreichen. Um ihn mit einer anderen Marke zu nutzen, benötigt man die App von Tesla und ein Konto dort. Über den Menü-Punkt „Laden Sie Ihr Nicht-Tesla-Fahrzeug auf“ gelangt man zu einer Karte der offenen Supercharger in der Nähe. Wir wählen Hengelo aus und bekommen Informationen wie Adresse und Kosten pro Kilowattstunde angezeigt. Das fremde Elektroauto wird über das integrierte CCS-Kabel mit einer der Säulen dort verbunden. Um sie zu aktivieren, tippt man in der App auf die Nummer, die jeweils am Sockel steht, in Hengelo von 1A bis 4D. Dann lädt man, so viel man braucht oder möchte, und bekommt zwei bis drei Tage später eine Abrechnung.
Komplizierter ist es wirklich nicht, allerdings kostet Supercharger-Strom für fremde Elektroautos mehr. In Deutschland zahlen Tesla-Fahrer zurzeit etwa 0,50 Euro pro kWh. In den Niederlanden ist das Laden deutlich günstiger. In Hengelo haben wir mit dem Model 3 vor kurzem noch 0,32 Euro/kWh gezahlt. Von fremden Marken will Tesla dort jedoch 0,69 Euro pro kWh haben – übrigens der gleiche Preis wie für einen testweise ebenfalls geöffneten Supercharger in Paris. In Urmond in den Niederlanden waren es Ende April 0,71 Euro/kWh, im norwegischen Oslo 6,10 Kronen/kWh (etwa 0,64 Euro).
Die Anfahrt zum Supercharger ist gern etwas länger als zum Beispiel zu einer Ionity-Ladesäule, weil Tesla selten direkt auf Autobahn-Rastplätzen baut. Man fährt also 500 Meter bis 1,5 Kilometer weiter — kann dann aber relativ sicher sein, einen freien Ladeplatz zu finden (wie viele es aktuell gibt, wird in der App auch für andere Elektroautos angezeigt). Die Fremdmarken laden genauso wie die Teslas mit bis zu 150 kW an V2- und 250 kW an V3-Superchargern. Wie viel sie wirklich bekommen, hängt natürlich auch von ihrer eigenen Technik und dem Akku-Stand ab.
Ungewohnte Elektroautos am Supercharger
Wir waren zum Beispiel mit dem Volvo C40 Recharge am Supercharger (s. Foto oben) und kamen bei 43 Prozent noch auf 125 kW und bei 50 Prozent auf 94 Kilowatt. Ein Polestar 2 sah bei Tesla in den Niederlanden, gestartet bei 18 Prozent Rest-Energie, bis zu 135 Kilowatt. Mit dem Peugeot eTraveller luden wir mit maximal 77 kW, begannen aber mit einem noch recht vollen Akku.
Außerdem fiel bei den Besuchen des Supercharger Hengelo mit verschiedenen Elektroautos auf: Wenn sich der Ladeport am Fahrzeug hinten links befindet, ist das Laden wie mit einem Tesla, also problemlos möglich. Befindet sich der Anschluss hinten rechts, werden leider zwei Ladeplätze belegt – es sei denn, es findet sich als Nachbar ein weiteres Fremdfabrikat mit dieser Anordnung. Bei einem Nasenlader wie dem Renault Zoe wären wir uns aktuell nicht sicher, ob die Länge des Tesla-Kabels ausreichen würde. Ansonsten bleibt zu berichten, dass auch in den Niederlanden immer noch darüber gestaunt wird, dass ein Volvo oder Peugeot am Supercharger laden kann. Mit der weiteren Öffnung des Netzes dürfte man sich an diesen Anblick gewöhnen müssen.
Text: Gerd Kebschull