Bevor er zu einem bekannten Tesla-Experten wurde, musste der Industrie-Berater Sandy Munro Auftraggeber finden, die seine Firma Munro & Associates dafür bezahlen, dass er Autos zerlegt, um die Bauweise und verwendete Komponenten zu analysieren. Seine ersten Erkenntnisse zum Model 3 kamen nach seiner Erzählung nur deshalb frei in die Öffentlichkeit, weil Audi eine Analyse bestellt hatte und sie dann doch nicht mehr wollte. Das allgemeine Interesse war dafür umso größer, und selbst Tesla-Chef Elon Musk hörte auf den früheren Ford-Manager und gab ihm ein Interview. Inzwischen kauft Munro regelmäßig auf eigene Rechnung Elektroautos zum Zerlegen – und derzeit nimmt sich sein Team das neue Model Y mit 4680-Akku aus der Gigafactory in Texas vor.
Model Y ohne Boden-Struktur außer Akku
Zuvor hatten Munro & Associates zum Beispiel ein Tesla Model S Plaid zerlegt und dabei Licht wie Schatten vorgefunden. Den Akku des schnellen Elektroautos bezeichnete der Gründer als „Meisterwerk“, von der Tür-Konstruktion aber zeigte er sich wegen hoher Komplexität enttäuscht. Auch vom Model Y aus der Tesla-Fabrik in Fremont sicherte er sich ein im April 2020 ein frühes Exemplar, bei dem er sich vor allem für interne Unterschiede zum Model 3 interessierte.
Über einen abgesprungenen Kunden aus Florida kam Munro jetzt zudem an eines der wohl ersten Model Y, die in der neuen Gigafactory in Texas mit einem strukturellen Akku-Paket aus Batterien im 4680-Format produziert wurden. Zu Beginn des aktuellen Videos darüber ist das Objekt des größten Interesses bereits ausgebaut, und zwei Kollegen sitzen darauf – jedenfalls fast: In einer der Besonderheiten der neuen Tesla-Konstruktion sind die Mittelkonsole und Vordersitze direkt auf dem Akku befestigt, und die beiden Zerleger haben es sich darauf bequem gemacht.
Nur 38 Schrauben verbanden vorher das Akku-Paket aus 4680-Zellen mit dem Rest des Model Y einschließlich der großen Gussteile für den hinteren und vorderen Teil des Rahmens, hat einer der beiden gezählt. Zusammen mit der nötigen Entfernung von Kabeln und Teilen der Innen-Verkleidung bezeichnet er den Aufwand für den Ausbau als minimal. Sein Kollege findet später „atemberaubend“, unter dem Model Y ohne Akku zu stehen und durch dessen Glasdach bis an die Hallendecke sehen zu können, weil es ansonsten „absolut keine Boden-Struktur“ hat. Insgesamt lobt er das hohe Maß an Raffinesse und Integration bei dem neuesten Tesla. So ist sogar eine kleine Lasche zur Befestigung von Leitungen und Kabeln in eines der Druckguss-Teile integriert.
Tesla-Chef reagiert zurückhaltend auf Lob
Das Innenleben des 4680-Akkus wollen sich die Tesla-Zerleger erst in einem der nächsten Videos vornehmen. Mitsamt den Sitzen gewogen haben sie ihn aber schon und kamen auf den Wert von 543 Kilogramm. Das sei unglaublich, sagt einer von ihnen, denn die Akkus mancher anderen Elektroautos in ihrer Werkstatt würden schon ohne Aufbau das Doppelte wiegen. Als Beispiel nennt er den Rivian R1T, der dort ebenfalls kurz zu sehen ist, allerdings auch fast die doppelte Akku-Kapazität hat. Am Gesamtgewicht des Model Y haben die neuen 4680-Zellen und Bauweise bislang jedenfalls offenbar wenig geändert. Nach EPA-Daten soll es nur gut 10 Kilogramm weniger wiegen als das Model Y Long Range, das einen größeren Akku aus konventionellen Zellen hat.
Vielleicht deshalb reagierte CEO Elon Musk eher zurückhaltend auf eine Bloggerin, die auf Twitter zu einem Bericht über das Munro-Video jubelte, mit den 4680-Zellen habe Tesla eine „dramatische Verringerung des Fahrzeug-Gewichts“ erreicht. Insgesamt seien strukturelle Akku-Pakete aus physikalischer Sicht die richtige Architektur für Elektroautos, erklärte er. Sie seien aber noch längst nicht optimiert.