In einem Interview mit dem als Tesla-Kenner bekannten Industrie-Berater Sandy Munro hat sich CEO Elon Musk über Pläne und Stärken seines Unternehmens geäußert, aber bemerkenswert offen auch über Schwächen und Fehler gesprochen. So erzählte der Tesla-Chef zur Begeisterung des Produktionsexperten Munro über die neuen riesigen Gussmaschinen, die allein beim hinteren Rahmen-Element für das Model Y rund 300 Roboter einsparen würden. Bald werde auch der vordere Teil an einem Stück aus Giga-Pressen kommen, sagte Musk, sodass noch einmal 300 Roboter wegfallen könnten. Doch er räumte auch Schwächen bei seinen bisherigen Elektroautos ein – und gab Kunden deutliche Tipps, wann der beste Zeitpunkt für einen Kauf ist.
Sitze in altem Model S wie „Giftpilz“
Zum Beispiel erklärte Musk, die Sitze in den ersten Tesla Model S seien eine absolute Katastrophe gewesen. Intern habe er sie als „stone toadstool“ bezeichnet, also in etwa „Giftpilz aus Stein“, und sie seien für ihn „wahrscheinlich die schlechtesten Sitze jedes Autos, in dem ich je saß“ gewesen. Doch das haben Tesla und seine frühen Kunden inzwischen hinter sich. Munro traf Musk im Rahmen einer Reise über tausende Meilen bei SpaceX in Texas. Und die Sitze in dem Tesla Model 3, mit dem er unterwegs war, seien ausgesprochen bequem, sagte er. Man könne es problemlos stundenlang darauf aushalten.
Seinen Einstieg in die Tesla-Welt hatte der ehemalige Ford-Manager Munro im Februar 2018, als er ein frühes Model 3 untersuchte. Von der Qualität der Karosserie zeigte er sich entsetzt und verglich sie mit Kia in den 1990er Jahren. Je tiefer er sich allerdings mit dem Rest des Elektroautos beschäftigte, desto stärker angetan zeigte er sich davon. Bei der späteren Zerlegung eines Model Y bescheinigte er Tesla, auch beim äußeren Eindruck große Fortschritte gemacht zu haben, bemängelte aber auch daran Schludrigkeiten. Und das aufgefrischte Model 3, das er sich in diesem Januar vornahm, machte Munro sogar ratlos: An dessen linker Seite saßen die Bleche fast tadellos, rechts aber fand er schief sitzende und überstehende Karosserie-Teile.
Natürlich nutzte Munro jetzt die Gelegenheit, den Tesla-Chef auch darauf anzusprechen. Besonders verwundere ihn, dass ein anderes Model 3, das er auf seiner Reise gesehen habe, sogar rundum makellos war, sagte er. Es habe eine Weile gedauert, die Probleme im Produktionsprozess auszubügeln, erklärte Musk dazu, und plauderte dann aus dem Nähkästchen. Manchmal werde er von Freunden gefragt, wann sie einen Tesla kaufen sollten, berichtete der CEO. Seine offene Antwort: „Entweder ganz am Anfang oder wenn die Produktion einen stetigen Zustand erreicht hat“.
Während des Hochlaufs dagegen befinde sich Tesla in einer Art „vertikalen Anstiegsmodus“, der es extrem schwierig mache, alle kleinen Details richtig hinzubekommen. Wer ein rundum gelungenes Auto wolle, solle also sehr früh kaufen oder erst dann, wenn die Produktion nicht mehr steige, wiederholte Musk. Mit Blick auf das Model 3 sagte er, Tesla habe die Produktions- und Lack-Qualität gegen Ende 2020 deutlich verbessert. Zur Lackierung, die bislang von vielen Kunden kritisiert wurde, laut Munro bei seinem aktuellen Model 3 aber sehr gut ist, erklärte Musk, zwischendurch habe Tesla nicht genügend Zeit zum Trocknen eingeplant. Das habe sich aber erst anschließend herausgestellt und sei inzwischen korrigiert.
Deutsche Tesla-Produktion weniger kritisch?
Damit dürfte jetzt ein günstiger Zeitpunkt sein, um ein Model 3 aus den USA zu bestellen (Teslas aus China sollen ohnehin von hoher Produktionsqualität sein). Allerdings ist bei Tesla eigentlich immer irgendwo Hochlauf, und für europäische Interessenten stellt sich die Frage, wie es dann mit dem Model Y aus der neuen Gigafactory in Deutschland aussehen wird. Doch Musk weckte in dem Gespräch auch die Hoffnung, dass dieses Elektroauto weniger Probleme machen wird: Wenn wie beim Model 3 viele kleine Elemente verbunden werden müssten, könne das insgesamt selbst dann zu Ungenauigkeiten führen, wenn die Toleranzen bei jedem einzelnen davon sehr gering seien, sagte er. Aber dank Heck- und Front-Rahmen aus jeweils einem Guss dürfte zumindest dieser Effekt beim deutschen Model Y keine große Rolle mehr spielen.