Nirgendwo auf der Welt werden so viele Elektroautos produziert und verkauft wie in China – und laut einer Studie des Versicherungskonzerns Allianz bedeutet die starke Stellung lokaler Hersteller, dass sie auch weltweit gute Chancen haben, zum Beispiel in Europa, das neue Verbrenner ab 2035 weitestgehend verbieten will. Gleichzeitig erobern chinesische Unternehmen mit ihren modernen Elektroautos größere Teile des heimischen Marktes von westlichen Marken. Beides zusammen könnte nach Allianz-Berechnungen dazu führen, dass Europa in 2030 wirtschaftlicher Wert in zweistelliger Milliarden-Höhe entgeht.
Trotz Tesla 80% China-Anteil in Heimat
Im vergangenen Jahr steigerten chinesische Marken ihren Anteil am Heimatmarkt auf 50 Prozent, ist in der am Dienstag veröffentlichten Studie von Allianz Research zu entnehmen (s. Grafik oben). Das waren 10 Prozent-Punkte mehr als 2020 und lag nach den Angaben daran, dass heimische Hersteller 80 Prozent des Elektroauto-Verkaufs in China ausmachen. Ohne Tesla würde dieser Anteil wohl nahe an 90 Prozent liegen – das US-Unternehmen liegt in China inzwischen zwar hinter BYD, macht dort aber noch etwa 10 Prozent des Segments aus.
In einem Szenario rechnet Allianz Research aus, was es für Europa bedeuten würde, wenn sich der Anteilsgewinn der chinesischen Hersteller in ihrer Heimat fortsetzt – auf 75 Prozent im Jahr 2030. Dies sei zwar keine Prognose, aber eine plausible Entwicklung. Und wenn sie eintrete, werde das 39 Prozent weniger Verkäufe europäischer Autos in China bedeuten, die hauptsächlich vor Ort produziert werden, 2,7 Millionen statt 4,4 Millionen in 2022. Allein das macht laut der Studie potenziell 7,3 Milliarden Euro weniger Gewinn für Hersteller aus Europa aus.
Gleichzeitig sieht das Szenario vor, dass der Elektroauto-Anteil in Europa bei den Neuzulassungen bis 2030 auf 80 Prozent steigt. Aufgrund des attraktiven Angebots aus China sollen in dem Jahr 1,5 Millionen Einheiten von dort kommen, 13,5 Prozent der EU-Produktion 2022. Hauptsächlich würde das laut der Allianz-Studie auf Kosten lokaler Hersteller gehen, nachdem bereits in den Vorjahren Dutzende Fabriken in Europa geschlossen worden seien.
0,35% weniger deutsches BIP mit Elektroautos
Bei 14.200 Euro wirtschaftlichem Mehrwert pro Auto könnten dem Auto-Sektor in der EU dadurch und aufgrund von weniger Exporten nach China 24,2 Milliarden Euro direkt entgehen, heißt es in der Studie weiter. Das entspräche 0,15 Prozent des gesamten BIP von 2022 in der Region, doch in Auto-Ländern ist der Anteil höher: Deutschland macht nach den Angaben 58 Prozent der Auto-Wertschöpfung in Europa aus und könnte durch chinesische Elektroautos 2030 rund 0,35 Prozent seines BIP verlieren; höher ist der Wert nur in Tschechien und der Slowakei. Noch einmal bis zu 21 Milliarden Euro wirtschaftlicher Wert könnten laut Allianz in 2030 bei europäischen Auto-Zulieferern wegfallen.