Das chinesische Unternehmen Xpeng Motors hat den offiziellen Start seines Elektroautos P7 auf den heimischen Markt bekannt gegeben. Schon Ende Juni sollen die ersten Auslieferungen der schnittigen Limousine beginnen – manche bezeichnen sie als Chinas Antwort auf das Tesla Model 3, und sie soll sogar mehr Reichweite bieten als das Vorbild aus den USA. Nach Ansicht von Tesla aber ist der P7 in einer Hinsicht sogar zu ähnlich: Ein früherer Tesla-Ingenieur soll Autopilot-Geheimnisse zu Xpeng mitgenommen haben, weshalb das US-Unternehmen ihn verklagt hat und von den Chinesen Auskünfte verlangt.
Billiger als Tesla Model 3
Als „intelligentes Sport-Elektroauto mit superhoher Reichweite, hoher Leistung und schneller Ladung“ kündigte das 2014 gegründete und von finanzstarken chinesischen Unternehmen wie Alibaba und Foxconn finanzierte Unternehmen seinen P7 an. Die Preise dafür beginnen bei 229.900 Yuan (rund 30.000 Euro) nach Subventionen, also unterhalb des Tesla Model 3 Standard-Reichweite plus (SR+) aus der Gigafactory in China, das derzeit 303.550 Yuan kostet.
Neben der Basis mit Heckantrieb wie beim Model 3 SR+ gibt es vom Xpeng zwei Varianten mit größerem Akku und eine „High Performance“-Version mit Allrad-Antrieb. Somit bieten die Chinesen etwas mehr Auswahl als Tesla, das einen großen Akku derzeit in China wie weltweit beim Model 3 nur mit Allrad anbietet. Der teuerste P7 soll 349.900 Yuan kosten und in 4,3 Sekunden von 0 auf 100 Stundenkilometer beschleunigen. Das Tesla Model 3 Performance, das es seit kurzem auch aus der Gigafactory in China gibt, kostet 419.800 Yuan und braucht 3,4 Sekunden.
Reichweiten-Breitseite gegen Tesla
Bei der Reichweite will Xpeng Tesla sogar übertreffen – auf breiter Front und in der Spitze wohl als erstes Elektroauto der Welt überhaupt, das vor dem in dieser Hinsicht aktuell besten Tesla liegt. Stolze 668 Kilometer gibt Tesla für das Model 3 AWD nach der relativ milden NEDC-Norm für China an – aber Xpeng für den P7 RWD Super-Long Range 706 Kilometer, und auch das Tesla Model S kommt nach China-Norm nicht weiter. Für den billigsten P7 nennen die Chinesen 568 Kilometer Norm-Reichweite, Tesla für das Model 3 SR+ 445 Kilometer.
Das alles klingt nach sehr ernsthafter Konkurrenz für Tesla – vorerst nur in China, aber das Land ist ein wichtiger Markt für Elektroautos. Die Akkus für den P7 kommen laut Xpeng von CATL aus China – auch Tesla lässt sich von dem Unternehmen beliefern, das vor kurzem von der Beratungsfirma Benchmark Minerals zum Zulieferer der verlässlichen Stufe 1 hochgestuft wurde.
Mehr Sensoren als bei Tesla
Darüber hinaus zählt Xpeng eine reichhaltige Sensor-Ausstattung seines Elektroautos auf, die mit 14 Kameras, 12 Ultraschall-Sensoren und 5 Radars sogar umfangreicher ist als bei Tesla. Auf dieser Basis habe man die „stärkste Architektur für autonomes Fahren unter Serienfahrzeugen in China“ geschaffen, schreibt Xpeng, was man als Anspielung gegen Tesla verstehen könnte. Der P7 biete eine Palette von fortschrittlichen Assistenzfunktionen einschließlich Unterstützung für Ampelsignal-Erkennung (wie sie bei Tesla soeben in den USA eingeführt wurde).
Und spätestens an dieser Stelle wird es heikel, denn Tesla wirft einem früheren Mitarbeiter vor, für die Xpeng-Version des Autopilot-Systems Wissen aus den USA mitgenommen zu haben. Mindestens fünf frühere Tesla-Mitarbeiter sollen heute bei Xpeng arbeiten, einer davon dort seit 2017 als Vice-President für autonomes Fahren. Aktuell versucht Tesla laut einem Bericht von Automotive News, von Xpeng mehr Informationen über einen Ex-Mitarbeiter zu bekommen, der zugegeben habe, vor seinem Wechsel Teile von Tesla-Programmcode heruntergeladen zu haben; eine Weitergabe an Xpeng bestreite er aber.
Tesla will Autopilot-Code von Xpeng
Der Fall steht laut Automotive News in Zusammenhang mit einem früheren Apple-Mitarbeiter, der ebenfalls zu Xpeng wechselte. Er wurde im Juli 2018 an einem Flughafen in Kalifornien festgenommen, von dem aus er nach China fliegen wollte. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren der US-Justiz, und Tesla verlangt, dass Xpeng neben dem eigenen Autonomie-Programmcode seine Computer-Festplatte verfügbar macht, um Beweise suchen zu können. Dieser Mitarbeiter soll wie der von Tesla zu Xpeng gewechselte zuvor interne Dokumente in den Apple-Dienst iCloud geladen haben.