Timo Sillober hat Wort gehalten: Für 2022 sei „keine Preisanpassung vorgesehen“, sagte der für das Geschäft mit Elektroauto-Ladestellen zuständige Vorstand bei EnBW Ende vergangenen Jahres teslamag.de, und tatsächlich blieben die Preise seitdem auf dem Niveau von Juli 2021, obwohl rundherum viele Anbieter einschließlich mehrere Male Tesla mehr für ihren Strom verlangten. Jetzt allerdings kündigte auch bei EnBW spürbare Preis-Erhöhungen an – vielleicht ein wenig spät, denn andere Anbieter haben schon wieder mit Senkungen begonnen.
Neue EnBW-Tarife mit höheren Preisen
In einer Presse-Mitteilung von diesem Montag verschweigt EnBW nicht, dass die „neue Tarifstruktur“ ab Mitte Januar für Kunden letztlich eine Preis-Erhöhung bedeutet. Der Schwerpunkt wird aber darauf gelegt, dass die Neuerung mehr Übersichtlichkeit bringe. Tatsächlich beendet der Anbieter die Differenzierung nach Wechselstrom oder Gleichstrom, also nach gemütlichen oder schnellem Laden. Eine Ausnahme bleibt aber Ionity, dessen Ladesäulen über die EnBW-App oder Karte weiterhin für 79 Cent pro Kilowattstunde genutzt werden können.
Zudem gibt es statt zwei Modellen mit und ohne Monatsgebühr ab Mitte Januar 2023 drei davon bei EnBW. Der frühere Standard-Tarif ohne Grundgebühr heißt ab dann Ladetarif S und bedeutet Kosten von 61 Cent pro Kilowattstunde an EnBW-Säulen und 65 Cent bei fremden (immer außer Ionity). Vorher waren es 45 Cent für Wechselstrom und 55 Cent für Gleichstrom, ohne dass danach unterschieden wurde, wer eine Ladesäule betreibt.
Für weiterhin 5,99 Euro pro Monat wird der bisherige Viellader-Tarif in Tarif M umbenannt. Hier unterschied EnBW zuvor sowohl nach Säulen-Betreiber als auch nach Gleich- oder Wechselstrom, wovon nur die Betreiber-Differenzierung erhalten blieb. Von 46/49 Cent pro schnell geladene Kilowattstunde steigt der Preis im Januar auf 49/57 Cent – bei langsamem Laden, das vorher weniger kostete, ist die Erhöhung entsprechend deutlicher. Ganz neu schließlich ist der Tarif L für 17,99 Monatsgebühr und dann 39/50 Cent pro Kilowattstunde. Außerdem bietet EnBW nach eigenen Angaben weiterhin einen Sondertarif für eigene Haushaltsstrom-Kunden, nennt aber keine neuen Preise dafür.
Tesla geht in die andere Richtung
Mehr Einfachheit, Kosten-Transparenz und Preis-Sicherheit biete kein anderer Anbieter, wird Vorstand Sillober in der Presse-Mitteilung zitiert. Ein oder zwei weniger Einträge in der neuen Preis-Tabelle hätten gewiss noch mehr Übersichtlichkeit ermöglicht. Aber tatsächlich gelten die Preise an allen Säulen im „Hypernetz“ von EnBW, das nach Angaben des Unternehmens 300.000 Ladepunkte in 17 Ländern Europas umfasst. Bei Tesla dagegen sind die Preise nicht nur von Land zu Land unterschiedlich, sondern unterscheiden sich sogar von Standort zu Standort leicht.
Allerdings kommt die Erhöhung bei EnBW ab Mitte Januar – nach Angaben des Unternehmens um durchschnittlich 27 Prozent – zu einer ungünstigen Zeit. Andere Anbieter hoben ihre Preise in der Zwischenzeit viel stärker an, Tesla zum Beispiel seit Oktober 2020 in Schritten um mehr als 100 Prozent auf bis zu 74 Cent pro Kilowattstunde, und Fastned in Deutschland sogar auf 83 Cent. Mittlerweile haben beide sie aber wieder gesenkt.
Fastned ging auf 74 Cent zurück, und Tesla führte Mitte November in Europa zeitabhängige Supercharger-Tarife ein. Die teure Spitzenzeit dauert aber nur von 16-20 Uhr, und vergangene Woche senkte Tesla den deutschen Preis selbst dafür auf maximal 61 Cent und im Durchschnitt etwa 55 Cent pro Kilowattstunde. In der Nebenzeit liegt der Durchschnittspreis an deutschen Supercharger seitdem bei etwa 50 Cent.