Wie von CEO Elon Musk zuletzt angekündigt, hat in dieser Woche die Verteilung von völlig neuer Autopilot-Software für die Elektroautos von Tesla an erste Beta-Tester in den USA begonnen. Bezeichnet wird sie als Full Self-Driving (FSD), also vollständig selbstständiges Fahren, das Tesla als Zukunftsoption schon lange anbietet und mit zunehmenden Fähigkeiten immer teurer macht. Kaum hatten die laut Musk sorgfältig ausgewählten Tester die FSD-Software bekommen, erschienen die ersten Videos damit. Und sie sprechen dafür, dass Tesla der versprochenen autonomen Zukunft tatsächlich ein erhebliches Stück näher gekommen ist.
Tesla hält an und biegt korrekt ab
Eines der ruhigsten frühen Videos mit der FSD-Beta kam von James Locke, nach seinen Twitter-Angaben ansässig in Los Angeles und Gründer eines Tesla-Clubs. In einem städtischen Umfeld lässt er sein Model X mit der neuesten Autopilot-Software in der Dunkelheit über fast leere Straßen mit teils mehreren Spuren fahren. Es erkennt rote Ampeln und hält davor, und wenn das Signal auf Grün wechselt, fährt der Tesla beherzt wieder an. Vor einer Kreuzung wechselt er korrekt auf die rechte Spur, setzt den Blinker und biegt ab, als die Ampel grün wird.
Der Fahrer und eine weibliche Stimme vom Beifahrer-Sitz äußern sich mehrmals angetan, wenn eines dieser Manöver gelingt, bleiben aber insgesamt gefasst. Von zwei anderen Testern dagegen kann man das kaum behaupten. In ihrem Video kann man zwar nicht direkt sehen, wie sich der Tesla unter FSD-Autopilot macht, aber man kann es hören: Die Kamera ist auf Fahrer und Beifahrer gerichtet, die erst gespannt und dann immer hingerissener das Geschehen kommentieren. „Ich flippe gleich aus“, ruft der Fahrer nach dem ersten autonomen Abbiegen, „Elon Musk, du Verrückter“, stimmt der Beifahrer ein.
.@elonmusk you mad man. You did it. Full self driving is here. Myself and @tesla_raj minds are blown. pic.twitter.com/BZqiQjzl7g
— Tesla Owners Silicon Valley (@teslaownersSV) October 22, 2020
Einmal werden sie doch kurz nervös, weil auf der Spur ihres Tesla offenbar ein geparktes Auto steht – aber anders als früher, als solche Situationen gern zu einer heftigen Bremsung führten, fährt das Elektroauto einfach um das Hindernis herum. „Das warst du nicht!“, jubelt der Beifahrer, „ich habe nichts gemacht!“, bestätigt der Fahrer.
Autopilot kurz desorientiert
Was die beiden unter anderem so begeistert, ist nach ihrer Beschreibung die Tatsache, dass der Tesla-Autopilot auch ohne Fahrbahn-Markierungen die richtige Spur findet. Wie das mit Blick aus der Frontscheibe und zugleich das Display im Tesla aussieht, zeigt ein längeres Video, in dem sich offenbar dasselbe Duo von Supercharger zu Supercharger fahren lässt. An mehreren Stellen muss das Elektroauto zum Abbiegen die Spur wechseln und schafft das auch – einmal allerdings erst nach einer kurzen Desorientierung. Die Kommentare dazu sind nicht mehr spontane Ausbrüche, sondern nachträglich eingelesener Text, unterhaltsam im Stil eines Werbe-Films mit klassischer Musk im Hintergrund.
Ein weiteres interessantes Betatest-Video veröffentlichte der bekannte Tesla-Fan TesLatino auf Twitter und YouTube. Es spielt, wahrscheinlich weil er sofort nach dem Software-Update testen wollte, mitten in der Nacht.
Das Zurücksetzen aus der Einfahrt erledigt der Fahrer nach dem Eingeben einer nahen Ziel-Adresse noch selbst, dann aber übernimmt sein Model 3. Auf der Straße ohne Markierungen schaltet er das neue Autopilot-System ein, und zum Entzücken des Fahrers setzt der Tesla die Fahrt über die Wohnstraße mit links und rechts geparkten Autos vorsichtig, aber zügig fort. Dabei sind aus dem Navigationssystem Weg-Hinweise zu hören – es spricht also sozusagen mit sich selbst. „Oh mein Gott, oh mein Gott, das ist Wahnsinn“, sagt dagegen TesLatino nach einer sauberen Rechts-Kurve. Nach seiner Beschreibung bremst das Model 3 vor Schwellen auf der Fahrbahn sogar eigenständig ab. Die ersten Beta-Tests mit Teslas System für autonomes Fahren scheinen also hervorragend zu laufen.