Sind wirklich die Batterien das Problem oder doch eher die noch offene Frage, wie mit dem bei Elektroautos normalerweise fehlenden Motor-Geräusch umzugehen ist? So oder so: Ferrari wird, wenn überhaupt, nicht vor 2025 ein elektrisches Auto anbieten, sagte jetzt einer der höchsten Manager des italienischen Sportwagen-Herstellers in einem Interview. Als Grund dafür führte Marketing- und Geschäftsvorstand Enrico Galliera an, dass Akku-Technologie für echte Supercars noch nicht weit genug entwickelt sei. Aber er räumte auch ein, noch keine Lösung für die „sehr interessante Frage“ des Fahrgeräuschs gefunden zu haben.
Ferrari bei Sprint schon hinter Tesla
Kenner von Teslas und anderen Elektroautos reagierten auf diese Aussagen Gallieras gegenüber Autocar zum Teil mit Spott. Tatsächlich befindet sich selbst das vergleichsweise günstige Tesla Model 3 bei der Beschleunigung auf Ferrari-Niveau. Die Traditionsmarke wurde in der Liste der schnellsten Sprinter im Prinzip mit jedem neuen Performance-Modell von Tesla weiter nach unten durchgereicht und ist jetzt nur noch auf Platz 9 darin vertreten. Weit vorne steht darin mit dem Taycan auch das erste moderne Elektroauto von Porsche, das stärker auf Rennstrecken ausgelegt wurde als die schnelle Limousine Model S.
Natürlich ist noch nichts davon insgesamt wie ein Ferrari, aber selbst der elektrische Top-Porsche ist deutlich billiger als die meisten der lauten Sportwagen aus Italien. Mit ihren starken und unüberhörbaren Motoren und ohne elektrisches Gegengewicht sorgen sie dafür, dass Ferrari in hohe Strafzahlungen an die EU wegen zu viel CO2-Emissionen ab 2020 hineinläuft. Aber das scheint für die Italiener ein billigeres Übel zu sein als ein rein elektrischer Ferrari. Lediglich Hybrid-Modelle soll es bis mindestens 2025 geben, sagte Galliera jetzt, und auch anschließend nur dann ein Elektroauto, wenn damit ein echter Fortschritt möglich sei.
Elektro-Supercars in Ferrari-Nähe
Dass um ihn herum reichlich elektrische Super- und Hypercars entwickelt werden, ist Galliera nach eigenem Bekunden nicht entgangen. Er bezeichnete das aber als unproblematisch, weil Ferrari auf eine „spezielle Nische“ abziele. Doch wie unter anderem der Tesla- und Elektroauto-Blog Electrek in einer Reaktion erkennen ließ, dürfte das Verharren in dieser Nische (die Galliera nicht näher beschrieb) schon vor 2025 darauf hinauslaufen, dass Ferraris hinter elektrischen Neuerungen herfahren – und vielleicht sogar ein wenig alt aussehen.
Denn schon das noch für dieses Jahr angekündigte Model S Performance mit neuem plaid-Antrieb wird als erster Tesla, der aufbauend auf einer funktionierenden Basis und viel Erfahrung gezielt als sportlich entwickelt wurde, womöglich erneut Maßstäbe setzen. Hinzu kommen, wie Electrek aufzählt, eine ganze Reihe von Projekten in viel höheren Preis-Segmenten und damit eher in Ferrari-Nähe.
Tesla Roadster vor Elektro-Ferrari
Mit vier Motoren (wie in einem Ferrari-Patent von diesem Jahr) ist zum Beispiel der Concept Two des Porsche-Partners Rimac angekündigt. Sogar aus der Ferrari-Heimat selbst soll bald der rein elektrische Pininfarina Battista kommen, nicht weniger als „das stärkste straßenzugelassene Auto, das je in Italien entwickelt und gebaut wurde“. Und dann gibt es natürlich noch den Tesla Roadster, der zumindest als Prototyp schon existiert und gefahren wurde – laut CEO Elon Musk soll er jegliche Verbrenner endgültig vernichten. Auch 2021 dürfte der Tesla Roadster nach neuen Aussagen von Musk noch nicht zu haben sein – aber gewiss vor 2025.
Und Ferrari muss ja auch noch das Problem mit dem fehlenden Motor-Geräusch lösen. Im Interview wollte Galliera jetzt nicht einmal sagen, ob das schon gelungen ist oder nicht; auf jeden Fall werde hart daran gearbeitet, sagte er aber, was auch eine Information ist. Wenn die Zeit reif sei, werde Ferrari sicher eine Antwort haben. Sie werde „elegant“ sein, versprach der Vorstand.