Am Ende konnten selbst Gegner der deutschen Gigafactory von Tesla in Grünheide bei Berlin nicht mehr erwarten, dass sie endlich genehmigt wird – nicht, weil sie ihre Meinung dagegen geändert hätten, sondern weil ihre juristischen Mittel ausgeschöpft waren. Also wollten sie die Genehmigung ebenso sehr wie Tesla selbst und Freunde des Unternehmens, damit sie im nächsten Schritt Widerspruch dagegen einlegen können. Anfang März wurde sie erteilt, und keine drei Wochen später begann in Grünheide die Serienproduktion von Model Y Performance. Kritikern waren einstweilen die Hände gebunden, weil der Genehmigungstext noch nicht öffentlich war, doch jetzt ist er drei Wochen lang im Internet und vor Ort einsehbar.
Neue Tesla-Klagen absehbar
Als Datum der Veröffentlichung nennt eine Mitteilung Brandenburger Behörden von vergangener Woche diesen Dienstag, und tatsächlich sind die 536 Seiten Tesla-Genehmigung seitdem im Internet zu finden. Bis 9. Mai soll das so bleiben, und gleichzeitig liegt das Gigafactory-Material in mehreren lokalen Behörden physisch aus. Die dicke Genehmigung ist in beiden Fällen nur der kleinste Teil davon: Ihr liegen „66 Aktenordner mit insgesamt 23.726 Seiten“ an Antragsunterlagen von Tesla zugrunde, wie es fast stolz darin heißt. Schon zu der Pressekonferenz zu der Erteilung Anfang März hatte das Brandenburger Umweltministerium ein Foto dieser Ordner präsentiert (s. oben).
Mit dem Ende der Auslegung im Mai beginnt eine Frist von einem Monat, während der Widerspruch gegen die Tesla-Genehmigung sowie einzeln gegen die wasserrechtliche Erlaubnis dafür eingelegt werden kann. Das werden die Verbände, die das Gigafactory-Projekt von Anfang an mit Widersprüchen und Klagen gegen Vorab-Genehmigungen begleitet haben, mit Sicherheit tun und haben es zum Teil auch schon angekündigt.
Von den jetzt veröffentlichten 536 Seiten machen ungefähr 100 die eigentliche Genehmigung mit Nebenbestimmungen aus. Der größte Teil ist der Begründung einschließlich einer kleinen Historie des Tesla-Verfahrens gewidmet, und ebenfalls noch einmal fast 200 Seiten den gegen die Gigafactory eingegangen Einwendungen und Antworten darauf.
Maximales Tempo nach Gigafactory-Genehmigung
Unter anderem kann man darin erfahren, dass Tesla in Grünheide tatsächlich ungewöhnlich schnell loslegen wollte: Laut der Genehmigung war eine „Prüfung vor Inbetriebnahme“ vorgesehen, deren Termin das Unternehmen mit zwei Wochen Frist mitteilen musste. Tesla wartete offenbar keinen Tag länger, und auch die ebenfalls noch vorgeschriebene Begehung durch Behörden als „Abnahmeprüfung“ muss noch rechtzeitig vor dem Start der Auslieferungen von deutschen Model Y Ende März stattgefunden haben.
Sicher werden aber auch die Kritiker und Gegner der deutschen Tesla-Fabrik in der Genehmigung und den vielen tausend Seiten Anträgen dazu Punkte finden, an denen sie ihren Widerspruch festmachen können. Wenn die Landesregierung ihn ablehnt, wovon nach den bisherigen Erfahrungen auszugehen ist, dürften neue Gerichtsverfahren folgen – auch davon hat die Gigafactory lange vor ihrem Start schon mehrere gesehen, die letztlich sämtlich zugunsten von Land und Unternehmen ausgingen. Unmittelbar vor Erteilung der Erlaubnis musste allerdings die Landesregierung das Tesla-Projekt mit einer Wasser-Duldung retten, weil ein Gericht die reguläre Genehmigung für eine höhere Entnahme für rechtswidrig erklärt hatte.
Klima-Lob für Tesla-Fabrik
Falls auch Tesla-CEO Elon Musk Zeit findet, einen Blick auf die deutsche Gigfactory-Genehmigung zu werfen, wird er darin eine vielleicht erfreuliche Entdeckung machen. Während sich das Verfahren hinzog, hatte er eine Beschleunigung für klimafreundliche Projekte wie seine Elektroauto-Fabrik vorgeschlagen, was auf politische Unterstützung stieß, aber zunächst nichts Konkretes bewirkte. Auch in der Begründung in der Genehmigung geht es jetzt nur um das lokale Klima – die Auswirkungen auf dieses Schutzgut nach Immissionsschutzrecht werden als „gering“ bewertet.
Gegen Ende des Bescheids aber begründet das Landesumweltamt dessen sofortige Vollziehbarkeit als Voraussetzung dafür, dass Tesla vor dem Start nicht erst Widersprüche und Klagen abwarten musste. Und dort wird nicht nur die hohe Bedeutung der Gigafactory für die regionale Wirtschaft als öffentliches Interesse genannt, das keinen solchen Aufschub dulde, sondern auch die „Reduzierung von Luftschadstoffen und des CO2-Ausstoßes im Verkehrssektor“ durch Elektroautos aus der deutschen Tesla-Fabrik.