Elektroautos schonen die Umwelt, aber dafür müssen ihre Besitzer seit Tesla nicht mehr auf Spaß verzichten, sondern bekommen im Gegenteil mehr davon, weil selbst die kleineren Modelle eine rasante Beschleunigung bieten. Auf der anderen Seite unterscheiden sich Model 3 und Model Y Performance nur in wenigen Details von den zahmeren Versionen, und nicht nur bei Tesla bieten die schnellsten Varianten bei gleicher Akku-Größe weniger Reichweite, weil sie schon wegen der größeren Felgen mehr verbrauchen. Hyundai aber präsentierte mit dem Ioniq 5 N jetzt einen Sport-Ableger mit sehr eigenständigem Charakter – auch durch viele Verbrenner-Anleihen.
Sport-Elektroauto mit größerem Akku
Veröffentlicht wurden die Informationen zu dem Sport-Elektroauto vergangene Woche beim Goodwood Festival of Speed. In der Mitteilung spart Hyundai nicht mit großen Worten: Der Ioniq 5 N werde das „erste vollelektrische Hochleistungsmodell“ der Marke und solle die Leidenschaft für Fahren auf Straßen wie Rennstrecken „auf eine neue, elektrifizierte Ebene heben“. Weitere N-Modelle auf Grundlage von Hyundai-Technologien aus dem Motorsport und jahrelanger Elektroauto-Entwicklung sollen folgen.
Für den Erstling hat Hyundai beim Ioniq 5 eine Vielzahl von Veränderungen vorgesehen. Mehr Schweißpunkte und Verklebungen sollen schon die Rohkarosserie der N-Version steifer machen. Hinten und vorne werden integrierte Antriebsachsen eingesetzt, die zusammen mit geschmiedeten 21-Zoll-Felgen die ungefederte Masse reduzieren, und die Lenksäule wurde verstärkt. Auch die Karosserie verändert sich deutlich, unter anderem durch Lüftungsklappen an der Front sowie größeren Spoiler und längeren Diffusor hinten. Unter dem sportlichen Blech soll die Motor- und Batterie-Kühlung verbessert worden sein.
Wenn es bei Aerodynamik nicht nur darum geht, den Verbrauch zu minimieren, sondern zum Beispiel mit mehr Anpressdruck das mögliche Kurven-Tempo erhöht werden soll, geht auch das auf Kosten der Reichweite. Aber als wohl erster Hersteller mit einem Sport-Elektroauto hält Hyundai beim Ioniq 5 N mit einer gegenüber der zahmeren Version vergrößerten Batterie dagegen: Von maximal 77,4 Kilowattstunden soll die Kapazität auf 84 Kilowattstunden steigen. Der N-Akku soll zudem deutlich mehr Ladeleistung verkraften – bis zu 350 Kilowatt.
Zumindest das Nachladen pro Kilometer dürfte bei dem N-Ioniq damit schneller vonstatten gehen als bei seiner Basis. Und falls das nicht überzeugend genug ist, nimmt Hyundai Anleihen bei Verbrenner-Autos, die direkt an Fans dieser Antriebsart gerichtet zu sein scheinen: Die Funktion N Active Sound+ soll Motor- und Auspuff-Geräusche liefern, „die für ein fesselndes Erlebnis hinter dem Steuer sorgen“. Mit N e-shift wird außerdem über künstliche Zugkraft-Unterbrechungen ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe simuliert. Das Elektroauto soll sich also fahren lassen und anhören wie ein sportlicher Verbrenner.
Golf GTI für ein neues Zeitalter
Sowohl künstliche Auspuff-Sounds als auch simuliertes Schalten sind auch bei anderen Elektroauto-Herstellern (so weit bekannt, mit Ausnahme von Tesla) in der Entwicklung, aber Hyundai scheint als erster beides zusammen auf den Markt zu bringen. Hier könnte also so etwas wie der erste Golf GTI der Elektroauto-Zeit nahen – immer noch praktisch, aber ab Werk erheblich für Freunde des sportlichen Fahrens modifiziert. Gerechnet wird mit einem Start im Frühjahr 2024. Noch offen ist der Preis, bei dem die GTI-Analogie allerdings schnell enden könnte: Der normale Ioniq 5 mit Allrad kostet schon mindestens 61.200 Euro, weshalb 80.000 Euro und mehr für die N-Version mit ihren vielen Besonderheiten keine Überraschung wären.