Wenn es einmal kein Drohnen-Update von der Baustelle für die neue Tesla-Fabrik im US-Bundesstaat Texas gibt, entschuldigen sich die sonst dafür zuständigen privaten Beobachter fast – ähnlich wie bei der deutschen Gigafactory bei Berlin kann eigentlich nur Sturm oder Krankheit sie vom Filmen abhalten. Dass diese Arbeit erwünscht oder zumindest nicht verboten ist, hat Tesla-CEO Elon Musk selbst bestätigt. Anders als zum Beispiel Apple nimmt er damit in Kauf, den Informationsfluss nicht kontrollieren zu können. Aber laut einem YouTuber ist dieses Risiko gut kalkuliert.
Tesla-Chef lässt Gigfafactory-Drohnen zu
Marques Brownlee hat 15,3 Millionen Abonnenten auf YouTube, ein Model S Plaid und im August 2018 ein Interview mit Musk in der Tesla-Fabrik in Fremont geführt. Allgemein beschäftigt sich sein Kanal mit der Technologie-Branche, was heute auch Elektroautos umfasst – Produkt-Neuigkeiten und -Tests, aber auch Analysen. Brownlee fiel zum Beispiel auf, dass der sonst moderne Mercedes EQS hinten mit einem Samsung-Tablet von 2014 ausgestattet ist.
In einem Video von Mitte Februar beschäftigt sich der YouTuber mit dem Phänomen, dass Tesla dem Anschein nach ohne jegliche Einschränkungen die Beobachtung seiner verschiedenen Standorte und Projekte aus der Luft zulässt. Als Security-Personal für die deutsche Gigafactory-Baustelle einen jungen Drohnen-Filmer (s. Foto oben) stoppte, erteilte CEO Musk persönlich die Freigabe für ihn und andere. Auch die Fabrik in Fremont wird regelmäßig von oben gefilmt, genau wie die in China.
Theoretisch kann man so etwas verhindern, erklärt Brownlee in dem Video. Als Beispiel nennt er Apple, das genau das getan habe: Während der neue Hauptsitz des Unternehmens in Kalifornien noch gebaut wurde, ließ es wie Tesla bei seinen Gigafactorys und anderswo Drohnen-Überflüge zu. Doch als der Raumschiff-Bau fertig war und die Arbeit darin begann, schickte Apple laut dem YouTuber Leute durch die Umgebung, die jedem mit Drohne nahelegten, die Beobachtung einzustellen. Eine rechtliche Grundlage gebe es dafür nicht, aber es habe offensichtlich funktioniert.
Mit der strikten Politik will Apple unter anderem verhindern, dass frühzeitig Bilder neuer Produkte nach außen gelangen. Tesla scheint das nicht zu interessieren. So filmte vor den Auslieferungen der ersten aufgefrischten Model S eine Drohne den Innenraum von einem davon auf einem Transporter, und eine andere erwischte einen neuen Cybertruck-Prototypen mit Außenspiegeln und auffälligem Scheibenwischer. Sogar vom Boden aus durfte vor kurzem ein lokaler Drohnen-Flieger ein testweise in der deutschen Gigafactory produziertes Model Y fotografieren – dabei sah das noch gar nicht so überzeugend aus.
Musk tauscht Kontrolle gegen Aufmerksamkeit
Tesla verzichtet offensichtlich auf die Kontrolle über den Informationsfluss, hält Brownlee fest – bekommt aber auch etwas dafür, nämlich viel kostenlose Aufmerksamkeit. Und die ist nach seinem Eindruck durchaus auch gesteuert, wie er am Beispiel der Cybertruck-Entdeckung erklärt: Tesla verfüge über Innen-Bereiche für die Arbeit an neuen Fahrzeugen und habe schließlich auch den neuen Roadster und das Design des ersten Cybertruck vorher komplett geheim halten können. Wenn stattdessen vor aller Drohnen-Augen Neuigkeiten auf dem Parkplatz stehen, sei das deshalb wahrscheinlich kein Versehen.
Und so haben laut Brownlee einstweilen alle etwas davon: Tesla das anhaltende Interesse, YouTuber ihre Besucher und Neugierige ihre Informationen. Von Seiten des Unternehmens könne sich das allerdings schlagartig ändern, wenn es in seiner Drohnen-Abwägung zum gleiche Ergebnis kommt wie Apple, warnt er: Das Design-Zentrum von Tesla in Los Angeles sei nur 6 Meilen vom Flughafen entfernt, um den herum 5 Meilen Drohnen-Verbotszone gelten. Das Gelände noch ein Stück in diese Zone hinein zu erweitern, sollte nach Brownlees Einschätzung kein großes Problem sein.