„Wir hatten ein fantastisches Jahr“, waren die ersten Worte von Tesla-CEO Elon Musk, nachdem er am Donnerstagabend von einer Bühne in der neuen Gigafactory im US-Bundesstaat Texas aus die größtenteils nur virtuell anwesenden Aktionäre zur Hauptversammlung 2021 begrüßt hatte. Gleich darauf ließ er eine Grafik einblenden (s. oben), die das Wachstum von Tesla nicht nur in 2020, sondern von Ende 2016 bis Ende September 2021 zeigt: Jahr für Jahr durchschnittlich 71 Prozent mehr als vorher. Abweichend von bisherigen Ankündigungen sagte Musk dazu, Tesla werde wohl über einen längeren Zeitraum weiter um mehr als 50 Prozent pro Jahr wachsen. Auf den Tesla Semi müssen Kunden aber noch ein weiteres Jahr länger warten.
Musk will über Durchschnitt bleiben
Bislang galt die Prognose von Anfang dieses Jahres, laut der Tesla über mehrere Jahre gesehen ein durchschnittliches Wachstum um 50 Prozent bei den Auslieferungen erreichen will, in manchen davon wie zum Beispiel 2021 auch mehr. Für dieses Jahr hat sich das bislang bewahrheitet. Eine Woche vor der Hauptsammlung meldete Tesla erste Daten für das dritte Quartal, laut denen die Auslieferungen den neuen Rekord von 241.300 Elektroautos erreichten – 73 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Das war mehr Wachstum als in dem mehrjährigen Durchschnitt, den Musk jetzt zeigte, und nach seinen neuen Aussagen könnte es in diesem Tempo noch weitergehen. Es sehe so aus, als habe Tesla eine gute Chance, diese Jahres-Rate in Zukunft beizubehalten, sagte der CEO in Bezug auf die 71 Prozent seit Ende 2016. Hauptsächlich hänge das von der Logistik-Situation ab. „Wenn wir die Chips bekommen, können wir das schaffen“, erklärte Musk. Deren Knappheit werde wohl bald weniger gravierend werden, und dann sei er zuversichtlich, einen Wert in dieser Nähe erreichen zu können – „auf jeden Fall eine ganze Zeitlang mehr als 50 Prozent“.
Damit hat Musk quasi nebenbei die mittelfristige Prognose für Tesla erhöht. Das längerfristige Ziel des Unternehmen blieb allerdings gleich: 2030 wolle Tesla 20 Millionen Elektroautos verkaufen und 1500 Gigawattstunden an Energie-Speichern installieren, wiederholte die Board-Chefin Robyn Denholm Angaben aus dem aktuellen ESG-Bericht. Wie viele Jahre oder Quartale der CEO jetzt mit „eine ganze Zeitlang“ meinte, ist unklar. Aber in der Tendenz dürfte es bedeuten, dass Tesla sich dem Ziel vorerst beschleunigt nähern möchte.
Tesla Cybertruck jetzt vor dem Semi
Der Preis dafür scheinen weitere Verschiebungen mindestens beim Tesla Semi zu sein. Der E-Sattelschlepper sollte ursprünglich ab Ende 2019 kommen, wurde dann aber in Jahres-Schritten auf zuletzt 2022 verschoben. Am Donnerstag verkündete Musk einen weiteren: Der Semi brauche besonders viele Batterie-Zellen und Chips, sagte er – und „hoffentlich“ werde seine Produktion sowie die des Roadster in 2023 beginnen. Der neue Termin ist also nicht einmal garantiert.
Anders als von manchen erhofft, hatte Musk keinen neuen Cybertruck-Prototypen mit zu der Hauptversammlung in der Fabrik gebracht, in der nach dem Model Y auch der Stahl-Pickup entstehen soll. Immerhin konkretisierte er die Termin-Planung dafür etwas: Am wahrscheinlichsten sei ein Cybertruck-Produktionsstart in 2022 und dann die Serienproduktion ab 2023, sagte er. Bei den beiden Nutz-Teslas wurde also die erwartete Reihenfolge vertauscht.