Bei Pkw scheinen die Würfel schon gefallen: Nachdem anfangs Tesla praktisch im Alleingang dafür sorgen musste, steigen die Zulassungszahlen von Batterie-Elektroautos inzwischen durch Beiträge vieler Hersteller, und außer BMW spricht kaum einer spricht noch von Wasserstoff-Fahrzeugen. Bei schweren Lastwagen aber herrscht noch kein solcher Konsens über den richtigen Antrieb für die Zukunft. Das war auch auf der am Montag eröffnete Nutzfahrzeug-Messe IAA Transportation in Hannover zu sehen: Manche Hersteller zeigten Lkw mit dicken Batterien, manche mit Wasserstoff-Brennstoffzelle und viele gleich beides.
Nikola Tre mit größtem Akku der Messe
Nach einem Rundgang am Dienstag könnte man sagen, dass rein von der Zahl der Aussteller und ihrer Objekte her ungefähr Gleichstand zwischen Batterien und Brennstoffzellen herrschte. Wasserstoff-Lkw wurden unter anderem von mehreren Startups präsentiert. Der Trend scheint aber auf der Seite der Batterien zu sein. Denn der von Tesla im Jahr 2017 für 2019 angekündigte Sattelschlepper Semi lässt zwar bis heute auf sich warten. Aber zunehmend kommen andere E-Lkw mit wachsenden Akku-Größen und damit Reichweiten auf den Markt, während von Wasserstoff weiterhin hauptsächlich geschwärmt wird.
Bei Daimler Trucks zum Beispiel wurde ein grauer Lastwagen mit der Aufschrift GenH2 präsentiert, der ausweislich des Schilds daneben noch die „Hydrogen Future“ darstellt. Ebenfalls erst „Charged for Tomorrow“, aber mit dem konkreten Datum 2024 dazu, ist laut Daimler das Konzept für den 40-Tonner eActros LongHaul, der 500 Kilometer Reichweite bieten soll. Bereits „Charged & Ready“ (unter anderem für Probefahrten auf der Messe) war der eActros 400 mit 400 Kilometern Reichweite, wenn auch gemäß der Stern-Erklärung nur unter optimalen Bedingungen.
Mit laut Daimler mehr als 600 Kilowattstunden LFP war der zukünftige eActros eines der Fahrzeuge mit der höchsten angegebenen Batterie-Kapazität, die sich auf der Messe finden ließen. Am meisten dürfte in dieser Hinsicht aber das US-Startup Nikola geboten haben, das sich den Lastwagen-Unterbau in Europa von dem großen Hersteller Iveco liefern lässt: 738 Kilowattstunden im Nikola Tre BEV für bis zu 530 Kilometer Reichweite. Zur IAA Transportation wurden die Bestellungen dafür geöffnet. Wie Daimler präsentierte Nikola parallel ein Brennstoffzellen-Fahrzeug, das aber auch hier erst später kommen soll: den europäischen Tre FCEV als „Beta-Version“ (s. Foto oben).
MAN-Chef skeptisch bei Wasserstoff-Lkw
Der Nikola-CEO Michael Lohscheller begründete diese Zweigleisigkeit bei einer Presse-Konferenz auf dem Messe mit dem Wunsch, „auf zwei Beinen zu stehen“. Ein Vertreter des Partners Iveco brachte im Stand-Gespräch sogar E-Fuels als dritte Variante ins Spiel, für die alle neuen Motoren des Herstellers schon ausgelegt seien.
Ein weiterer etablierter Hersteller mit Batterie- wie Wasserstoff-Plänen ist Volvo, doch auf der Messe zeigte er nur Akku-Laster bis zum FM Electric mit 540 Kilowattstunden Kapazität und daran gemessen bescheidenen 300 Kilometern Reichweite. Auch MAN hat sich von der Brennstoffzelle abgewendet, jedenfalls vorerst: In großer Zahl werde es Wasserstoff-Lkw nicht vor Anfang der 2030er Jahre geben, sagte der CEO des Unternehmens laut Berichten in Hannover. Das passt zur Ausrichtung des Volkswagen-Konzerns, zu dem über die Nutzfahrzeug-Gruppe Tochter Traton auch MAN gehört. Als Vorstandschef bis August hatte Herbert Diess Volkswagen auf einen Tesla-Kurs mit ambitionierten Elektroauto-Plänen gebracht, bei dem es auch bei Lastwagen zu bleiben scheint – auch wenn der Semi des Vorbilds immer noch nicht produziert wird.