Ende Mai haben in den USA offiziell die Auslieferungen des elektrischen Pickups Ford F-150 Lightning begonnen (s. Foto), was bedeutet, dass er dem Tesla Cybertruck weit zuvorgekommen ist, der eigentlich ab Ende 2021 produziert werden sollte, zuletzt aber auf 2023 verschoben wurde. Im Sinn der Mission, möglichst schnell die ganze Welt auf nachhaltige Energie umzustellen, ist auch der frühere Start des Konkurrenten noch ein Erfolg. Aber er könnte ein Problem für das Image von Tesla als uneinholbar führend werden – zumal Ford dem Elektroauto-Pionier mit dem F-150 Lightning auch noch fast buchstäblich Starthilfe anbietet.
Strom-Spende für Tesla aus Ford-Akku
Ob es so geplant war oder nicht, lässt sich angesichts von modern arbeitenden PR-Agenturen schlecht sagen. Auf jeden Fall bekamen Ford-Vertreter in dieser Woche mindestens zwei Vorlagen von unabhängigen Blogs, die über ein interessantes Detail im Zubehör für den F-150 Lightning berichteten: Der Akku des elektrischen Pickups lässt sich auch zur Versorgung externer Verbraucher bis hin zu Häusern oder anderen Elektroautos nutzen – und ein Adapter speziell zum Tesla-Laden wird mitgeliefert.
Das entdeckten offenbar sowohl Electrek als auch InsideEVs in dem Forum Lightning Owners und berichteten darüber. Den ersten Beitrag griff Ford-CEO Jim Farley auf Twitter auf. Das kostenlose Zubehör zum Tesla-Laden sei nicht als Trollen gemeint, man wolle nur hilfreich sein, schrieb er dazu – wobei sich beides natürlich gar nicht gegenseitig ausschließt. Auch Farleys Sprecher vertrat zu dem zweiten Bericht die Linie, Ford wolle lediglich helfen.
Not trolling. Just helpful. https://t.co/6pI71MtsdR
— Jim Farley (@jimfarley98) June 6, 2022
Das könnte der Elektroauto-Nachzügler mit dem frühen Pickup unabhängig von einer möglichen weiteren Motivation tatsächlich. Immerhin machen Teslas derzeit die große Mehrheit aller Elektroautos in den USA aus, und jeder davon kann theoretisch in Strom-Not geraten. Die Chance auf eine kleine Energie-Spende aus dem Akku jedes F-150 Lightning dürfte deshalb für alle Fälle durchaus willkommen sein. Und weil Tesla in den USA andere Ladestecker und -buchsen nutzt als alle anderen Elektroautos, legt Ford eben großzügig einen Adapter speziell für den Marktführer bei. Hinzu kommt, dass Tesla erst vor kurzem den Mobile Connector, der Laden an normalen Steckdosen ermöglichte, als kostenloses Zubehör gestrichen hat.
Elektroauto-Batterien mit viel Potenzial
Potenzial für Späße auf Tesla-Kosten ist also vorhanden – und dürfte intensiver genutzt werden, sobald das erste Model 3, Model Y, Model S oder Model X beim Laden an einem Ford F-150 Lightning beobachtet wird. Der Besatzung dieses Tesla wird das in dem Moment allerdings egal sein und sie wird sich stattdessen über schnelle Hilfe aus der Energie-Not freuen. Immerhin beginnen auch Auto-Clubs schon, ihre Werkstatt-Wagen mit Akkus für derlei Unterstützung ihrer Mitglieder in leeren Elektroautos auszustatten. Manchmal nutzen sie dafür auch noch Generatoren, und im Vergleich dazu hört sich markenübergreifende Elektroauto-Solidarität attraktiver an.
Vielleicht denkt deshalb auch Tesla bald oder schon jetzt über eine Öffnung seiner fahrenden Akkus nach außen nach – nicht nur zum Notladen eigener und fremder Elektroautos, sondern auch für beliebige Lasten bis hin zu einer Einbindung in Strom-Netze. Die Zahl der Pilotprojekte in diesem V2G-Bereich nimmt derzeit zu, und mehr neue Elektroauto-Modelle werden mit Hardware für bidirektionales Laden ausgestattet.