Aus Sicht der Betreiber können die Preise für das Laden von Elektroautos eigentlich gar nicht stark genug schwanken, denn in manchen Stunden ist Strom so reichlich verfügbar, dass man als Abnehmer im Großhandel Geld dafür bekommt, und in anderen knapp und teuer. Kunden aber bevorzugen Planungssicherheit, weshalb bei den meisten Ladeangeboten feste Tarife vorgesehen sind, die sich nur alle paar Monate ändern. Eine Ausnahme bildet Tesla mit Preisen, die in Deutschland vom Standort eines Superchargers und noch stärker von der Tageszeit abhängen. Das ist auf gewisse Weise typisch – aber jetzt will offenbar auch Ionity auf solche flexiblen Tarife umstellen.
Ionity-Partner nennen keine festen Preise
Je nach Standort leicht unterschiedlich sind die deutschen Supercharger-Preise schon, seit Tesla seine Ladesäulen im Jahr 2018 erstmals kostenpflichtig machte. Damit dürften regional uneinheitliche Stromkosten an die Kunden weitergegeben werden, was aber stets maximal 5 Prozent Differenz ausmacht. Wie andere Ladesäulen-Betreiber veränderte Tesla zudem gelegentlich das allgemeine Preis-Niveau, bis 2022 hauptsächlich nach oben. Im November des Jahres folgte eine europaweite Umstellung auf Supercharger-Tarife mit Haupt- und Nebenzeit, begleitet von teils wöchentlichen Preis-Anpassungen in beide Richtungen.
Auch der Spezialist Fastned überprüft seine Ladepreise seit Ende 2022 monatlich, um veränderte Einkaufsbedingungen zu berücksichtigen. Mit seinen noch häufigeren Anpassungen und den zwei Zeitfenstern dagegen schien Tesla bislang allein zu bleiben, doch auch das ändert sich jetzt offenbar. Denn in dieser Woche veröffentlichten mehrere Teilhaber des in Deutschland ansässigen Joint-Ventures Ionity Ladetarif-Informationen für ihre Elektroautos, laut denen ab Anfang Juni auch an dessen Säulen nach Uhrzeit und Standort differenziert wird.
Bei Hyundai zum Beispiel, seit Herbst 2020 an dem von den deutschen Auto-Konzernen gegründeten Joint-Venture beteiligt, wird für beide verfügbaren Tarife angegeben, dass Laden bei Ionity damit noch bis Ende Mai 79 Cent pro Kilowattstunde kostet. Ab Juni aber können die Preise bei diesem Betreiber „im Lauf der Zeit und je nach Standort variieren“. Das konkrete Niveau könne man vor dem Laden nachsehen. Bei BMW wurden am Donnerstag ebenfalls 79 Cent für Ionity-Laden in zwei Tarifen genannt, aber ohne Ankündigung einer kommenden Änderung. Das Gleiche gilt für Volkswagen und Audi, während bei Mercedes der gleiche Hinweis wie bei Hyundai (und Kia) stand.
Nachahmer für Tesla-Modell bei Superchargern
Die Flexibilisierung der Ionity-Tarife ab Anfang Juni ist also wohl beschlossene Sache und wurde nur nicht von allen Partnern gleich schnell auf ihren Webseiten umgesetzt. Offen blieb aber zunächst, ob es zum Auftakt tendenziell höhere Preise geben wird oder niedrigere, wie die Zeitfenster ausgestaltet sind und wie ausgeprägt die Differenzierung nach Standorten wird. Außerdem lässt die Formulierung bei Hyundai wie Mercedes im Prinzip auch anschließende häufigere Veränderungen wie bei Tesla offen.
Das Supercharger-Modell scheint also auch in dieser Hinsicht Nachahmer zu finden. Wie Tesla es verändert, ist nicht mehr nur für seine eigenen Elektroautos relevant. Denn inzwischen können an den weitaus meisten deutschen Superchargern auch fremde Marken laden, und auch in ganz Europa schreitet diese Tesla-Öffnung voran. In den USA hat sie im März ebenfalls begonnen und vergangene Woche auch in China.