Wieder einmal hat Tesla-CEO Elon Musk, der Kontakt mit offiziellen Medien meidet, einigen seiner Fans ein stundenlanges Interview gegeben. Nach dem ersten wurde in dieser Woche auch der zweite Teil davon veröffentlicht, ein dritter soll folgen. Selbst anderen Anhängern wird das allerdings allmählich langweilig, weil diese Treffen eine Tendenz haben, zu Audienzen zu werden, in denen der Tesla-Chef nicht zum ersten Mal ausführlich und unhinterfragt erzählt, was er will. Auch bei der neuesten Befragung war bislang viel Altes dabei. Aber Musk zeigte sich bemerkenswert skeptisch mit Blick auf andere junge Elektroauto-Unternehmen – und den Börsenwert von Tesla, falls sich autonomes Fahren nicht in den Griff bekommen lässt.
Lucid und Rivian laut Musk gefährdet
Musks mahnende Wort zu anderen Elektroauto-Startups bezogen sich konkret auf Rivian und Lucid, die beide erst vor kurzem ihren Pickup R1T bzw. ihre Limousine Air auf den Markt gebracht haben und derzeit mit jedem verkauften Auto Verlust machen. Bei Tesla war es in der mehrjährigen Anfangsphase nicht anders. Aber mit Blick auf die noch jüngeren Konkurrenten warnte Musk jetzt, wenn sich dort nicht erheblich etwas ändere, würden sie pleite gehen. „Ihr Weg führt in die Insolvenz“, erklärte der Tesla-Chef.
Für den Blog Electrek ist das technisch gesehen richtig, aber trotzdem auf gewisse Weise unfair. Tatsächlich würden derzeit weder Rivian noch Lucid Geld verdienen, was sich irgendwann ändern müsse, aber das sei in dieser Phase ihrer Entwicklung Teil des Plans. Wie zuvor Tesla hätten die Startups die Möglichkeit, im Zuge des Produktionshochlaufs die Kosten zu senken, bevor ihre Reserven erschöpft sind. Hier den bevorstehenden Untergang zu beschwören, setze deshalb den falschen Ton. Schließlich sei Tesla selbst jahrelang die baldige Pleite vorhergesagt worden, was Musk sehr verärgert habe, schreibt Electrek.
Allerdings sprach der Tesla-Chef Rivian und Lucid nicht jede Chance ab, aus der Verlustzone zu kommen. Seine Pleite-Prognose gelte nur für den Fall, dass sie ihren Kurs nicht ändern könnten, schränkte Musk ein, was er mit seiner Hand demonstrierte, die als Flugzeug auf den Schreibtisch vor ihm fiel (s. Foto oben). Er hoffe aber, dass die beiden Unternehmen rechtzeitig etwas dagegen unternehmen würden. Ansonsten würden sie wie in der Geschichte alle Auto-Hersteller in den USA außer Ford und Tesla eine Insolvenz erleben, sagte der CEO, erinnerte also noch einmal daran, dass der Fließband-Pionier und sein eigenes Unternehmen in dieser Hinsicht seltene Ausnahmen sind.
Tesla-Wert soll auf FSD-Lösung beruhen
Aber auch in Bezug auf Tesla zeigte er sich in dem Interview mahnend, jedenfalls was den Börsenwert angeht. Weit überwiegend konzentriere sich das Unternehmen darauf, „Full Self-Driving zu lösen“, erklärte er. Dieser Begriff ist mehr oder weniger gleichbedeutend mit autonomem Fahren, steht bei Tesla abgekürzt als FSD aber auch sowohl für die aktuelle Beta-Software für das Autopilot-System als auch für dessen Computer und die Option, die man kaufen muss, um alle Funktionen nutzen zu können. Full Self-Driving sei entscheidend, ergänzte Musk nach kurzem Nachdenken darüber. Letztlich mache es den Unterschied zwischen einem hohen Wert von Tesla und im Prinzip nichts aus.
Das dürfte sich auf die Börsenkapitalisierung bezogen haben und war von Musk ebenfalls schon zu hören, aber nicht in dieser drastischen Form: Im Vergleich zu Robotaxis und FSD verblasse alles andere, erklärte er in der Telefon-Konferenz zu den Geschäftszahlen für Ende 2021. Einem Analysten verweigerte er mit dieser Begründung Auskünfte darüber, wie Tesla seine Elektroauto-Produktion bis 2024 drastisch steigern will. Er sagte aber nicht, dass Tesla ohne FSD-Lösung keinen Wert hat – wobei das „praktisch“ oder „im Prinzip“ („basically“) in seiner aktuellen Aussage natürlich auch relativ zu dem enormen Wert gemeint sein könnte, den Musk durch Autonomie-Software entstehen sieht.