Ohne das namensgebende Element Lithium kann man keine Lithium-Ionen-Batterie produzieren, und das ist ein Problem, weil bislang nicht absehbar ist, wo genug davon in verarbeiteter Form herkommen soll, um in den nächsten Jahren den rapide steigenden Bedarf für Elektroautos zu decken. Allerdings bahnt sich auch schon eine Lösung an: In China hat die industrielle Produktion von Natrium-Ionen-Batterien begonnen, deren wichtigster Bestandteil ebenfalls im Namen steckt und viel reichlicher zur Verfügung steht. Erste Elektro-Fahrzeuge damit sind angekündigt, wenn auch vorerst nur zweirädrig, und auch Tesla zeigt Interesse.
Industrie-Produktion neuer Batterien startet
Dass Natrium-Ionen-Batterien einiges Potenzial bieten, ließ schon im Juli 2021 eine Präsentation des Batterie-Marktführers und größten Tesla-Lieferanten CATL erahnen. Ähnlich wie bei der LFP-Chemie, mit der das Unternehmen schnell groß geworden ist, liegt der Vorteil in noch einmal niedrigeren Kosten, und zwar in diesem Fall drastisch: Analysten sahen Potenzial bis hinab zu 30 Dollar pro Kilowattstunde. Ebenfalls wie bei LFP im Vergleich zu NMC- oder NCA-Zellen haben Natrium-Ionen-Batterien eine noch einmal geringere Energie-Dichte.
Mit verbesserter Chemie und Verpackung zum Akku lässt sich aus LFP immer mehr herausholen, wie zuletzt sowohl CATL als auch BYD gezeigt haben. Eine ähnliche Entwicklung könnte die Natrium-Ionen-Technologie vollziehen, die zudem mit einem viel größeren Kosten-Vorteil startet. Begonnen hat sie jedenfalls: In China nahm Hina Battery eine Produktionslinie für 1 Gigawattstunde Kapazität in Betrieb, meldete Ende Juli der Marktforscher Kevin Gunan Shang auf Twitter.
HiNa battery announced the completion of 1GWh #sodium-ion battery production line in Fuyang, China.
World's first GWh-level massive production line for Na-ion batteries.
A race towards higher quality & yield production among #sodiumion battery developers#batchatt https://t.co/OtOEKqbTUq
— Kevin Gunan Shang (@KevinGShang) July 29, 2022
Angekündigt wurden geplante 2 Gigawattstunden nach seinen Angaben erst in diesem Juni – die schnelle Umsetzung war möglich, weil sich Natrium-Ionen auf denselben Linien produzieren lassen wie vorher Lithium-Ionen-Batterien. Ähnlich rasch dürften also auch CATL und andere Batterie-Spezialisten damit beginnen können. Der Marktführer hatte angekündigt, bis 2023 an einer industriellen Lieferkette für die nötigen Materialien zu arbeiten.
Abnehmer für die Batterien der (vorerst) nächstniedrigeren Stufe dürften sich dank der niedrigeren Kosten finden – und könnten bei manchen trotzdem auch eine Qualitätsverbesserung bringen. Denn laut einem Bericht von CnEVPost gab jetzt der Elektroroller-Hersteller Niu bekannt, ab 2023 Natrium-Ionen-Batterien einsetzen zu wollen. Die ersetzen nicht etwa Lithium-Ionen-Batterien, jedenfalls nicht direkt: Durch steigende Batterie-Kosten geraten Hersteller kleiner Fahrzeuge stärker unter Druck als Elektroauto-Hersteller, weshalb unter anderem Niu zuletzt teils die Preise erhöhte und teils auf Blei-Säure-Batterien umstieg.
Tesla-Interesse an Natrium-Ionen-Technologie
Zumindest im Vergleich dazu dürfte Natrium-Ionen bereits Gewicht sparen, und neue Generationen versprechen wie zuvor bei LFP Fortschritte. Bei Tesla etwa hat sich diese inzwischen auch bei anderen West-Herstellern beliebte Chemie nach Aussagen von CEO Elon Musk schon eine Stufe hochgearbeitet: Sie reiche für Elektroautos mittlerer Reichweite, sagte er im November 2021, nachdem er vorher stets von „Standard“ gesprochen hatte. Mindestens die erste Stufe könnten also in nicht allzu ferner Zukunft Natrium-Ionen-Batterien übernehmen. Der Tesla-Technikchef Drew Baglino ließ in einem Interview in diesem Juni schon Interesse daran erkennen, zumindest vorerst nur mit Blick auf stationäre Großakkus.