Mit dem i3 hatte BMW früh ein konsequent neu entwickeltes Elektroauto im Programm, um dann in diesem Jahr auf gewisse Weise einen Rückschritt zu machen, denn der im Frühjahr gestartete iX3 basiert auf der Verbrenner-Plattform des normalen X3. Eigentlich wollte BMW anders als andere etablierte Hersteller sogar dauerhaft bei einer solchen Misch-Strategie mit Plattformen für alle Antriebsarten bleiben, ließ in diesem August aber wissen, eine neue Fahrzeug-Architektur ab 2025 sei „kompromisslos elektrisch“. Zwei neue Elektroautos von BMW schaffen anders als i3 und iX3 immerhin schon jetzt Reichweiten um 600 Kilometer wie bei Tesla – aber mehr sollen es laut einem wichtigen Manager dort auch auf Dauer nicht werden.
Aktualisierung: Dabei scheint es sich jedoch um eine Einzelmeinung zu handeln – man werde die Arbeit an mehr Elektroauto-Reichweite nicht einstellen, teilte BMW in einer Reaktion auf den Bericht mit (s. ganz unten).
Audi- und Tesla-Chefs denken ähnlich
„1000 Kilometer ohne Nachladen sind kein Ziel, das wir bei unseren rein elektrischen Autos haben“, sagte David Ferrufino, bei BMW zuständig für das Elektroauto i4, laut der australischen Publikation WhichCar? vergangene Woche bei einer Auto-Konferenz. Und er nannte auch den Wert, den das Unternehmen bei allen seinen reinen Elektroautos für ausreichend hält: 600 Kilometer. In dem Bericht ist von 590 Kilometern beim BMW i4 (s. Foto oben) die Rede, also dürfte in Australien die WLTP-Norm wie in Europa gelten und gemeint gewesen sein.
Mit dem iX will BMW vor Ende dieses Jahres sogar ein Elektroauto ausliefern, das in seiner großen Version mehr Reichweite hat als das vergleichbare Tesla Model X: 630 Kilometer nach WLTP gegenüber 580 Kilometern beim Model X (wobei es sich hier um eine einfache Umrechnung des Meilen-Werts nach der strengeren US-Norm EPA handeln dürfte). Laut dem i4-Manager Ferrufino soll das aber ungefähr das Ende der Reichweiten-Vergrößerung bei BMW-Elektroautos darstellen. Schließlich gebe es auch Fortschritte bei Lade-Infrastruktur wie -Geschwindigkeit, die eine Elektroauto-Reise von Norwegen nach Italien schon heute zu einer „freudigen Erfahrung“ machten.
Damit steht er nicht allein. Audi-Chef Markus Duesmann sagte in diesem Februar, bislang sei man dem von Tesla gesetzten Trend zu immer größeren Akkus und damit Reichweiten gefolgt. Mit der Zeit erwarte er aber wieder kleinere Energie-Speicher, weil die besser werdende Lade-Infastruktur das zulasse, erklärte Duesmann ähnlich wie jetzt sein BMW-Kollege. Und tatsächlich hat sich selbst Tesla-Chef Elon Musk zwischendurch in dieser Richtung geäußert: Ab 400 Meilen (gut 640 km) spiele mehr Reichweite keine Rolle mehr, sagte er nach der Absage des vorher geplanten Model S Plaid+, das ohne Nachladen 835 EPA-Kilometer schaffen sollte.
Lucid Air bei mehr als 800 km
Auf der anderen Seite hat Tesla bislang nichts an der Ankündigung im Web verändert, dass der Top-Cybertruck mehr als 500 Meilen Reichweite haben soll. Und auch andere Hersteller machen in diesem Rennen schon jetzt kräftig weiter. Einstweilen hält Mercedes mit dem EQS und seinen bis zu 770 WLTP-Kilometern die weltweite Reichweiten-Krone. Die Auslieferungen sollten in diesem September beginnen. Und bald darauf dürften in den USA die ersten Lucid Air kommen, die selbst nach der strengeren EPA-Norm 837 Kilometer weit fahren sollen, bevor der Akku leer ist.
Aktualisierung: Ein BMW-Sprecher hat teslamag.de auf eine Stellungnahme des Unternehmens gegenüber WhichCar? hingewiesen. Man werde die Arbeit an größeren Reichweiten bei Elektroautos nicht einstellen, heißt es laut einem neuen Bericht der Publikation darin. Diesem ist außerdem zu entnehmen, dass die ursprüngliche Aussage zu der Reichweiten-Begrenzung nicht vom i4-Chef Ferrufino stammte, sondern von einem Pressesprecher. Die Frage, ob sie nicht korrekt gewesen sei, beantwortete BMW Australien demnach nicht. Die Mitteilung diene der Klarstellung der eigenen Position, habe die Antwort dazu gelautet.