Oft ist es die erste Frage, die Neugierige zu Elektroautos stellen: „Wie weit kommt der denn?“. Tesla-Fahrer können als Antwort eine beruhigend (und für manche immer noch erstaunlich) hohe Kilometer-Zahl nennen, und auch bei neu auf den Markt kommenden Modellen anderer Hersteller steht nur noch selten weniger als eine 4 an der ersten der drei Stellen. Diesen Trend hat Tesla gesetzt, sagte jetzt Markus Duesmann, CEO der Volkswagen-Tochter Audi, in einem Interview. Aber er gehe davon aus, dass er bald wieder endet und zukünftige Elektroautos wieder kleinere Akkus haben werden.
Tesla legt bei Reichweiten vor
„Tesla hat mit riesigen Akkus begonnen“, sagte Duesmann Mitte Februar dem IT-Portal cnet in einem Gespräch zur Vorstellung seines neuesten Elektroautos namens e-tron GT. Dadurch habe Audi erkannt, wie wichtig die Reichweite auch für die eigenen Kunden sei, und in mehr davon investiert. Von jetzt an werde Audi nur noch speziell als solche entwickelte Elektroautos herausbringen, was mehr Platz für Batterien bedeute, sagte Duesmann.
Der Audi e-tron GT teilt sich einen großen Teil der Technik mit dem Porsche Taycan aus demselben Konzern. Mit einem Akku-Paket von 93 Kilowattstunden kommt er laut cnet auf eine Reichweite von 238 Meilen nach US-Norm (383 km), nach WLTP sollen es 487 Kilometer sein. Tesla liegt mit seinem am ehesten vergleichbaren Model S mit etwas größerem Akku nach Norm schon jenseits der 400 Meilen und 600 Kilometer. Für das Model S Plaid+, das Ende dieses Jahres kommen soll, hat Tesla mehr als 500 Meilen angekündigt, ebenso wie für den Top-Cybertruck, und für den neuen Roadster sogar 620 Meilen (knapp 1000 Kilometer).
Ob Audi bis zu solchen Werten noch aufholen will, ließ Duesmann in dem Interview offen. Allgemein sei er sich aber nicht sicher, ob sich der Trend fortsetzen werde, „riesige Batterien für tausende Kilometer einzubauen“, sagte er. Mit der Zeit würden die Akkus wieder kleiner werden, weil die Lade-Infrastruktur dichter werde und die Kunden mehr Erfahrungen sammelten. Bei Elektroautos müsse man das eigene Verhalten bezüglich Energie-Aufnahme „ein wenig anpassen“. Doch wenn das geschehen sei, rechne er mit wieder kleineren Akkus. Denn zu viele Batterien würden Autos unnötig schwer, teuer und groß machen.
Analyst: Elektroauto-Kunden erwarten mehr
In gewisser Hinsicht ist das sicher richtig. Die meisten Besitzer von Elektroautos mit hohen Reichweiten wie bei Tesla reizen diese nur sehr selten aus, was bedeutet, dass sie den größten Teil der Zeit über mit nicht benötigter Kapazität herumfahren, die tatsächlich schwer und teuer ist. Trotzdem könnte die Aussicht, auf einer Strecke von 700 Kilometern mehr als einmal nachladen zu müssen, Interessenten abschrecken, die in dieser Hinsicht von ihren Verbrenner-Autos verwöhnt sind.
1/ Audi CEO says future EVs will offer less range. https://t.co/KbU4i4itOh
It's interesting because he is both right and wrong.
— Sam Korus (@skorusARK) February 19, 2021
Kunden würden heute einfach 350 Meilen und mehr Elektroauto-Reichweite erwarten, kommentierte ein Analyst des teslalastigen EFT-Anbieters Ark Invest die Duesmann-Aussagen. Zwar sei auf lange Sicht tatsächlich zu erwarten, dass in verschiedenen Segmenten deutlich mehr Elektroautos mit weniger Reichweite auf den Markt kommen. Audi aber äußere sich wohl nur deshalb so, weil das Unternehmen nicht in der Lage sei, hohe Reichweiten zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten.