Für Elon Musk macht die Frage, ob es Tesla gelingt, das Problem des „Full Self-Driving“ zu lösen, den Unterschied zwischen einem hohen Wert des Unternehmens und im Grunde nichts aus, wie er im Mai 2022 in einem Interview mit Fans erklärte. Das Ziel ist ihm also enorm wichtig – und bereitet eine Menge Ärger. In den USA gibt es bereits Vorermittlungen des Justizministeriums wegen möglicherweise übertriebener Aussagen zum Autopilot-System von Tesla, ein Kunde hat aus dem gleichen Grund eine Sammelklage angestrengt, und vergangene Woche wurde ein Rückruf der Beta-Software FSD dafür gemeldet. Und jetzt gibt es mindestens eine weitere Autopilot-Sammelklage, in diesem Fall von Aktionären, die durch Verfehlungen des Tesla-Managements Verluste erlitten haben wollen.
Eine oder zwei neue Tesla-Sammelklagen?
Gegen Tesla und bestimmte Führungskräfte des Unternehmens sei eine Sammelklage eingereicht worden, teilte am Montag Pomerantz LLP mit, nach eigenen Angaben eine wichtige Kanzlei für Wirtschafts- und Börsenrecht. Dies geschehe im Namen aller Aktionäre, die zwischen dem 19. Februar 2019 und dem 17. Februar 2023 Tesla-Aktien gekauft hätten. Für sie fordere man Entschädigung für Verluste, die ihnen durch Verstöße der Beklagten gegen US-Wertpapiergesetze entstanden seien.
Diese hätten in Zusammenhang mit dem Autopilot-System und der Beta-Software FSD materiell falsche und irreführende Aussagen hinsichtlich Geschäft, Betrieb und Aussichten des Unternehmens gemacht, schreibt Pomerantz. Sie hätten Effektivität, Machbarkeit und Sicherheit von Autopilot und FSD übertrieben dargestellt und nicht offengelegt, dass damit ein gravierendes Unfall-Risiko einhergeht und dadurch ein erhöhtes Risiko für Tesla entsteht, Kontrollen und Zwangsmaßnahmen unterworfen zu werden.
Ebenfalls am Montag informierte mit Robbins LLP eine andere US-Kanzlei, dass ein Anleger eine Sammelklage eingereicht habe, in der es um falsche Tesla-Angaben zu Wirksamkeit, Machbarkeit und Sicherheit der Technologien Autopilot und FSD geht. Die Inhalte und Formulierungen in der Mitteilung sind auch sonst ähnlich und teils identisch wie in der von Pomerantz, sodass zunächst nicht klar wurde, ob es sich um dieselbe Initiative handelt. Die Nachrichten-Agentur Reuters berichtete am Montag von einer Sammelklage im Singular und erwähnte zusätzlich, dass sie sich gegen Tesla, CEO Musk sowie den früheren und den heutigen Finanzvorstand des Unternehmens richtet.
Kursverluste nach Autopilot-Meldungen
Beide Kanzleien zählen in ihren Mitteilungen eine Reihe von Meldungen über Autopilot-Unfälle oder -Untersuchungen zusammen mit negativen Reaktionen des Aktienkurses darauf auf. Die neueste davon ist in beiden Fällen, dass Mitte Februar ein Tesla-Fahrer starb, als er von hinten einen Feuerwehr-Wagen rammte, der eine Unfall-Stelle auf einem Highway sicherte (s. Foto oben); am nächsten Handelstag sei die Aktie um 5,25 Prozent gefallen. Wegen solcher Unfälle läuft auch eine Untersuchung der Verkehrsbehörde NHTSA, wobei nicht klar ist, ob bei dem neuesten das Autopilot-System eine Rolle spielte.
Bei einem weiteren Beispiel, das nur Pomerantz aufführt, wurde sogar schon geklärt, dass dem nicht so ist: Im April 2021 starben zwei Männer in einem Tesla Model S, das in einer Wohnstraße gegen einen Baum raste und zu brennen begann, und keiner von ihnen wurden von Rettungskräften am Steuer vorgefunden. Das führte zu Vermutungen, sie könnten vom Autopilot-System gefahren worden sein, was jedoch zuerst Tesla und in diesem Februar auch die Behörde NTSB in einem Untersuchungsbericht ausschloss. Dennoch scheint mit der mindestens einen Autopilot-Sammelklage von Aktionären jetzt eine weitere juristische Störung auf dem Weg zum großen Ziel von Tesla-Chef Musk aufzutreten.