Der Besuch von Tesla-CEO Elon Musk in China Anfang 2020 ist vielen noch in Erinnerung. Damals kam er zu einer Feier zur Übergabe der ersten lokal produzierten Model 3 in die neue Gigafactory in Shanghai, wo er das Publikum unter anderem mit einer Tanzeinlage (s. Foto) erfreute. Schon im Jahr darauf lag die Produktion der chinesischen Tesla-Fabrik über der im Stammwerk Fremont, und auch 2022 steuerte sie mehr als die Hälfte zum weltweiten Volumen bei. Selbst angesehen hat sich Musk das seit der Eröffnung nicht mehr – aber jetzt soll er erneut einen China-Besuch planen, dieses Mal einschließlich eines Treffens mit dem neuen Ministerpräsidenten.
Tesla-Chef will sich nach Li richten
Davon erfuhr die Nachrichten-Agentur Reuters von zwei Personen, die über die Reise-Planungen informiert seien, wie sie am Freitag berichtete. Der neue Musk-Besuch in China sei für diesen April vorgesehen. Ob es tatsächlich zu einem Treffen mit Ministerpräsident Li Keqiang als dem zweiten Mann im starken chinesischen Staat kommt, ist laut dem Bericht noch offen. Der Tesla-Chef bemühe sich darum und werde seine Pläne auf die Verfügbarkeit von Li abstimmen.
Schon das könnte zeigen, für wie wichtig Musk China hält. Dass er lange nicht mehr dort war, dürfte eher mit Corona-Restriktionen zusammenhängen, die laut dem CEO noch im vergangenen Frühjahr dafür sorgten, dass sich der Transport von chinesischen Maschinen für die neue Gigafactory in Texas verzögerte. Er und Li kennen sich aus der Zeit, als der Politiker noch Partei-Sekretär von Shanghai war. In diesem Amt war er unter anderem für die Tesla-Fabrik in der Metropole zuständig und bei ihrer Eröffnung ebenfalls dabei.
Seit er in diesem März zum Ministerpräsidenten wurde, trägt Li in seiner ersten landesweiten Position noch mehr Verantwortung. Zu seinen Aufgaben zählt laut einem FAZ-Bericht auch, die chinesische Wirtschaft wieder in Gang zu bringen. Auf Tesla und Musk kann er in dieser Hinsicht wohl zählen, denn nach einem Einbruch im Dezember sind die Verkäufe aus der lokalen Gigafactory in diesem Januar und Februar wieder deutlich gestiegen, und bei den Verkäufen im Inland dürfte es im ersten Quartal einen neuen Rekord gegeben haben. Beide Seiten sind also wichtig füreinander, und so wäre nicht verwunderlich, wenn Musk die gewünschte Audienz bei Li tatsächlich bekommt.
Keine Zeit für Musk zum Tanzen
Allerdings ist das Verhältnis auch heikel, denn die Tesla-Heimat USA und China liegen in einem geopolitischen Clinch, der zum Beispiel dafür sorgt, dass das Model 3 mit LFP-Akku von CATL bald keine US-Förderung mehr bekommen dürfte. Zudem führt Musk neben Tesla das Weltraum-Unternehmen SpaceX, dessen Satelliten-Internet Starlink nach seinen Angaben kaum staatlich zu kontrollieren ist. Und als wäre das noch nicht Verstrickung genug, hat er im Oktober 2022 auch noch die Nachrichten-Plattform Twitter gekauft, deren Nutzung in China technisch verhindert wird.
Sollte es zu dem Quasi-Staatsbesuch auf hoher Ebene im April kommen, dürften Musk und Li also viel zu besprechen haben. Mit Blick nur auf Tesla könnte es laut Reuters um Verzögerungen beim weiteren Ausbau der chinesischen Fabrik, das Verbot von Elektroautos des US-Unternehmens auf militärischen Arealen wegen ihrer Kameras und die ausstehende Zulassung der Autopilot-Weiterentwicklung Full Self-Driving (FSD) gehen. Zum Tanzen wird Musk bei seinem ersten China-Besuch nach gut drei Jahren also womöglich gar keine Zeit haben.