Ohne Speicher ist Strom ein überaus flüchtiges und heikles Gut: Wenn er nicht sofort verbraucht werden kann, sollte man ihn lieber gar nicht erst produziert haben, weil sonst das gesamte System ins Ungleichgewicht gerät. Mit zunehmender Verbreitung unstetiger erneuerbarer Strom-Erzeugung gewinnt diese Problematik stark an Bedeutung – aber zugleich verbreitet sich auch Akku-Technologie, mit der sich viel davon elegant lösen lässt.
Deutschland bekommt weltweit größten Netz-Akku
So kann schon ein einfacher Haus-Speicher sowohl lokalen Solarstrom aufnehmen und bedarfsgerecht abgeben als auch in ein ganzes Netz eingebunden werden, wie es zum Beispiel mit Tesla Powerwalls in Kalifornien geschieht. Im größeren Maßstab passiert das Gleiche vielerorts mit zunehmend riesigen Akku-Anlagen, die schnell auf Ungleichgewichte in einer Region reagieren können.
Zudem lassen sich mit Batterien nicht nur zeitliche Diskrepanzen überbrücken, sondern auch geografische: Wenn Windkraft im deutschen Norden reichlich Strom erzeugt, nutzt das der Industrie im Süden wenig, wenn nicht zur selben Teit genügend Netz-Kapazität für den Transport zur Verfügung steht. Bislang ist das nicht immer so, was teures Umplanen nötig macht. Doch der deutsche Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW will als Abhilfe dagegen den weltweit größten Akku mit einer so genannten Netzbooster-Funktion bauen lassen.
Eine Leistung von 250 Megawatt, wie sie in einer Presse-Mitteilung des dafür gewählten Technik-Partners Fluence genannt wird, ist dabei gar nicht so viel, wenn man sie an den immer größeren Dimensionen anderer stationärer Akkus misst. Der größte in Betrieb befindet sich laut einer Web-Übersicht mit 409 Megawatt im Manatee Solar Energy Center in Florida. Ungefähr ein Dutzend noch stärkerer sind demnach geplant oder schon in Bau, darunter einer mit 900 Megawatt in Australien mit dem Tesla-Partner Neoen.
Eine Stunde lang mit 250 MW Leistung
Dennoch handelt es sich bei dem Vorhaben für TransnetBW in Kupferzell zwischen Stuttgart und Nürnberg (s. Computer-Foto oben) laut Fluence um das weltweit größte Netzbooster-Projekt. Der Akku mit 250 Megawatt Leistung soll also nicht lokale Ungleichgewichte ausgleichen, sondern überregionale, und einen vergleichbar großen in dieser Funktion gibt es offenbar noch nicht. Das Projekt in Kupferzell und weitere geplante hätten Pilotcharakter, schreibt TransnetzBW in einer Broschüre dazu, aber nur insofern, als die bewährte Technologie Batterie-Speicher auf innovative Weise eingesetzt werde.
Nach dem aktuellen Netzentwicklungsplan für Deutschland ist TransnetBW nach eigenen Angaben sogar verpflichtet, mindestens die Anlage in Kupferzell zu bauen. Schon 2019 begannen Planungen dafür und erst 2025 soll der weltgrößte Booster in Betrieb gehen. Bei mehr Strom-Bedarf, als sicher transportierbar ist, soll er bis zu eine Stunde lang mit voller Leistung einspringen können, was auf eine Kapazität von 250 Megawattstunden schließen lässt. Das soll Netz-Engpässe und -Überlastungen verhindern sowie Störungen schnell ausgleichen und weniger anderen Infrastruktur-Ausbau erforderlich machen. Für die Realisierung wurde jetzt Fluence ausgewählt, ein auf große Speicher-Systeme spezialisiertes Unternehmen, das 2017 von Siemens und einem US-Partner gegründet wurde.