Schon wieder stand der Verbleib von Herbert Diess an der Spitze des Volkswagen-Konzerns akut in Frage, wie in den vergangenen Wochen allerorten zu lesen war – und erneut hat er den internen Machtkampf überstanden, wie aus Presse-Informationen des Unternehmens von Donnerstag hervorgeht. Demnach bleibt Diess CEO des Konzerns und behält im Vorstand auch seine Zuständigkeit für die Volumen-Marken. Das China-Ressort gibt er kommendes Jahr ab, wird aber schon vorher zusätzlich verantwortlich für die Software-Sparte Cariad. Gleichzeitig wird Diess‘ Tesla-Kurs beschleunigt: Laut einer weiteren Mitteilung erhöht VW seine Investitionen für Elektroautos in den kommenden Jahren um 50 Prozent auf 52 Milliarden Euro.
Mehr Geld für Elektroautos und Software
Allein die alljährliche Planungsrunde im VW-Konzern ist jedes Mal ein Großereignis, in diesem Jahr aber wurde das Vorfeld von den Querelen um Diess überschattet. Der Konzern-CEO bezeichnet Tesla seit längerer Zeit als Bedrohung und in vielen Bereichen Vorbild und handelt auch danach. Der Arbeitnehmer-Seite in dem politisch komplexen Konzern soll das spätestens in diesem Oktober zu viel geworden sein, als Diess nach Berichten vor Managern sagte, im Werk Wolfsburg seien wegen Tesla bis zu 30.000 Jobs gefährdet. Manchen gefiel auch seine persönliche Nähe zu Elon Musk (im Foto oben als Video-Gast bei einer VW-Tagung) als Chef des großen Konkurrenten nicht.
Jetzt scheinen diese Wogen geglättet – Teil des am Donnerstag vorgestellten VW-Pakets ist auch der Plan, in Wolfsburg vor dem noch kommenden Elektroauto aus dem Artemis-Projekt den ID.3 zu produzieren, ab 2024 komplett und vorher mit Unterstützung aus dem Werk Zwickau. Auch andere Standorte werden beschleunigt auf Elektroauto-Produktion oder -Komponenten umgestellt. Salzgitter wird zum europäischen Batterie-Zentrum des Konzerns. Ab 2025 will er dort Batterien produzieren. Außerdem wird der gesamte Bereich in einer neuen Gesellschaft gebündelt – als Vorbereitung für einen Teilverkauf oder Börsengang, wie Diess dazu erklärte.
Zusammen sollen die Zukunftsinvestitionen hauptsächlich für Elektroautos und Digitalisierung in den Jahren bis 2026 auf 89 Milliarden Euro steigen, 16 Milliarden Euro mehr als nach der VW-Planung Ende 2020. Allein Fabriken und Entwicklung für Elektroautos sollen 52 Milliarden Euro davon ausmachen, 50 Prozent mehr als zuvor. Einen Teil dieses Geld will der Konzern durch 30 Prozent weniger Investitionen für Hybridautos aufbringen, die jetzt als „Brückentechnologie“ bezeichnet werden. Die VW-Ausgaben für Digitalisierung einschließlich autonomem Fahren bis 2026 steigen weiter auf 30 Milliarden Euro.
VW will 2025 vor Tesla sein
Unterstützende Stellungnahmen aus Aufsichts- wie Betriebsrat sowie dem Land Niedersachsen als Großaktionär in den VW-Mitteilungen von Donnerstag sprechen dafür, dass in Wolfsburg zumindest vorerst wieder Frieden herrscht. In seinen Kompetenzen per Saldo nicht beschnitten, kann CEO Diess seinen Tesla-Kurs also weiter verfolgen – sogar mit erhöhter finanzieller Schlagkraft. Das Ziel ist laut der Plan-Mitteilung weiterhin, bis 2025 Marktführer bei Elektroautos zu werden, also Tesla zu überholen. Der Anteil reiner Elektroautos liege im Konzern derzeit bei 5-6 Prozent (bei rund 9 Millionen erwarteten Gesamtverkäufen in 2021), bis 2026 soll er auf rund 25 Prozent steigen.