Lithium-Ionen-Akkus sind relativ anspruchsvoll – sie mögen es weder zu heiß noch zu kalt, und es soll auch nicht gut sein, sie komplett voll zu laden oder gänzlich leer zu saugen. Nicht nur Tesla empfahl den Käufern seiner Elektroautos deshalb bislang zum Beispiel, den Akku möglichst nur vor Langstrecken auf mehr als 80 Prozent seiner Kapazität zu füllen. Aber damit ist es jetzt offenbar vorbei: Ein Support-Konto von Tesla bei dem chinesischen Sozialnetz Weibo riet Besitzern zumindest der neuesten Variante des lokalen Model 3 sogar dazu, sie mindestens einmal pro Woche maximal aufzuladen.
Mit LFP-Zellen zurück in die Zukunft
„Für die meisten Tesla Besitzer reicht eine Ladung von 80 Prozent der Batteriekapazität für den Alltagseinsatz“, heißt es aktuell auf den deutschen Support-Seiten von Tesla, „wir empfehlen, nur vor Langstreckenfahrten höhere Ladelimits vorzugeben“. So oder ähnlich kann man es auch bei anderen Elektroauto-Herstellern lesen, zum Teil verbunden mit der Warnung, ansonsten könne der Akku schneller an Leistung verlieren als nötig. Auch auf seinen US-Seiten rät Tesla dazu, den Akku nicht zu voll zu machen – bis zu etwa 90 Prozent seien in Ordnung, 100 Prozent nur vor weiten Reisen.
In China aber ist Tesla inzwischen schon einen Schritt weiter gegangen – oder auf gewisse Weise auch zurück in die Zukunft: Dort werden für den Akku des kleinsten Model 3 (Standard-Reichweite plus, SR+) seit Anfang Oktober Batterie-Zellen mit einer Chemie auf der Basis von Lithium-Eisenphosphat verwendet, geliefert vom lokalen Partner CATL. Die Technologie ist eigentlich älter als die NMC-Chemie, die weiterhin in den anderen Model 3 aus China genutzt wird. Aber sie ist auch billiger – und wurde von CATL zuletzt so weiterentwickelt, dass sie laut CEO Elon Musk auch für manche Teslas genügend Leistung bietet. Und LFP-Zellen kosten unter anderem dank Verzicht auf Kobalt nicht nur deutlich weniger, sie sind auch viel weniger empfindlich als die an sich modernere NMC- oder die NCA-Chemie, die Tesla in den USA mit Panasonic nutzt.
Tesla China überstimmt Website
Und so gibt Tesla in China für das Model 3 mit dem LFP-Akku jetzt eine ganz andere Empfehlung als früher; der Tipp auf Weibo wurde zuerst von dem US-Blog Teslarati entdeckt. Das neue Model 3 SR+ könne ohne Gedanken an ein Limit aufgeladen werden, ruhig bis zur vollen Kapazität, schrieb der Tesla-Support demnach übersetzt. Explizit soll er sogar erklärt haben, diese Aussage gelte jetzt anstelle der bisherigen Hinweise auf der eigenen Website. Und noch mehr: Tesla China riet sogar dazu, das Laden bis 100 Prozent mindestens einmal pro Woche vorzunehmen, damit die Spannung innerhalb des Akku-Pakets ausgeglichen bleibe.
Mit der Aufhebung der Empfehlung für regulär höchstens 80 oder 90 Prozent Akku-Stand profitieren chinesische Käufer des kleinsten Tesla Model 3 also gleich dreifach davon, dass darin jetzt LFP-Zellen von CATL stecken. Denn mit deren Einführung Anfang Oktober hatte Tesla schon den Preis gesenkt und trotzdem einige Kilometer Reichweite draufgelegt. Das ist umso interessanter, als Tesla nach Berichten von diesem September Exporte aus China auch nach Europa vorbereitet.