Vor kurzem berichtete teslamag.de über die Erfahrungen des Rechtsanwalts Christoph Lindner, der an vielen Rechtsstreitigkeiten über Mängel an Elektroautos von Tesla beteiligt ist. Das Unternehmen habe sich eine „Cowboy-Mentalität“ angewöhnt, sei arrogant geworden und wolle die Regeln auf dem jungen Markt selbst schreiben, beklagte der Jurist. So würden manchmal selbst Fehler an Neuwagen, deren Behebung mehrere tausend Euro koste, als „Tesla-Standard“ verteidigt. Aber haben es Kunden wirklich nur bei dem Elektroauto-Pionier so schwer mit berechtigten Wünschen zur Nachbesserung? Unsere eigenen Erfahrungen sprechen dagegen, denn wir hatten schon mit Citroen, Skoda und zwei jungen Audis vom Hersteller Probleme, wie sie gern als typisch für Tesla dargestellt werden.
Ohne Anwalt ging auch bei Audi nichts
Wer ein Fahrzeug kauft, kann grundsätzlich auf die deutschen Normen zur Gewährleistung vertrauen. Über sie haftet der Verkäufer für alle Mängel, die bei der Übergabe des Fahrzeuges bestanden. Bei Neufahrzeugen gilt die Gewährleistung für 24 Monate, bei Gebrauchten kann sie auf 12 Nonate verkürzt werden. Anfangs muss der Verkäufer bei einem angezeigten Mangel nachweisen, dass dieser erst nach der Übergabe entstand, wenn er nicht dafür haften will. Nach einem halben Jahr kehrte sich diese Beweislast bislang um, und der Käufer musste nachweisen, dass er das Auto schon mit Mangel bekommen hat. Anfang 2022 wurde dieses halbe Jahr auf ein ganzes verlängert.
Wie reagierten andere Hersteller als Tesla auf die Anzeige festgestellter Mängel? Bei einem von uns aus dem Audi-Pool gekauften A6 reagierte die Lenkung in verschiedenen Situationen seltsam. Sie wurde ungenau und auf der Autobahn fiel es schwer, geradeaus zu fahren. Dieses Verhalten fiel uns erst nach knapp 60.000 Kilometern bei einer Gesamtlaufleistung von gut 80.000 Kilometern als möglicher Fehler auf. Bei Internet-Recherchen zeigte sich dann, dass es auch bei verschiedenen anderen A6 erwähnt wurde. Zwei Nachbesserungsversuche schlugen fehl, und das Vertrauen in den Audi war weg.
Erst ohne und dann mit Anwalt starteten wir den letztlich erfolgreichen Versuch, den A6 gegen Erstattung des Kaufpreises zurückzugeben. Für die Zeit der Nutzung muss man dann eine Entschädigung bezahlen. Wir vor kurzem auch aus einem Tesla-Prozess in Deutschland berichtet wurde, kommt es dabei sehr auf die geschätzte Gesamtkilometer-Leistung eines Fahrzeugs an: Je mehr, desto niedriger die Entschädigung pro Kilometer vor der Rückgabe, weshalb über die Schätzung intensiv gestritten wird. Tesla wollte sich in dem Verfahren um den Rückkauf eines Model 3 wegen Autopilot-Mängeln offenbar nicht auf die Aussage von CEO Elon Musk festnageln lassen, dass so ein Elektroauto 800.000 Kilometer lang hält. Ein ähnliches Gezerre erlebten wir mit unserem Audi-Händler, und außerdem in vergleichbaren Fällen mit neu gekauften Autos von Citroen und Skoda.
Tesla und andere schöpfen Rahmen aus
Vor diesem Hintergrund ist unser Eindruck eher, dass Tesla bei Mängeln das Gleiche versucht wie jeder andere Hersteller oder Händler: den eigenen Aufwand und die Kosten möglichst niedrig halten. Gegen nur vereinzelte Fälle bei Tesla sprechen die Schilderungen des spezialisierten Rechtsanwalts Lindner und ähnliche in Foren. Und mit Blick auf die etablierte Auto-Branche muss man vielleicht nur an den Umgang von Volkswagen als ihrem größten Vertreter mit dem Diesel-Skandal zurückdenken, bei dem vor Gerichten zunächst einmal so ziemlich alles bestritten wurde.
Das ist ebenso wenig ein Verbrechen wie die Versuche von Tesla und anderen Herstellern, auf Kundenforderungen zunächst ablehnend oder geizig zu reagieren – in einem Rechtsstaat dürfen Unternehmen die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auch dann ausschöpfen, wenn ein Fall zunehmend klar erscheint. Nur sollte man das als Verbraucher eben wissen und auf der anderen Seite die eigenen Rechte kennen und nutzen. Wir selbst können jedenfalls berichten, in allen vier Streit-Fällen um Verbrenner-Autos eine befriedigende Lösung gefunden zu haben, teils mit und teils ohne Anwalt. Beiträge für unsere Rechtsschutz-Versicherung bezahlen wir auch nach dem Wechsel auf Elektroautos von Tesla (das Foto oben zeigt das Model Y, für das wir unser Model 3 abgegeben haben) natürlich weiter.