Im ersten Quartal dieses Jahres hat sich der Anteil von Elektroautos an den Gesamtverkäufen in Europa drastisch erhöht, mit dem Tesla Model 3 ganz vorn. Erste April-Verkaufszahlen aus Großbritannien und Deutschland erweckten sogar den Anschein, die Elektroauto-Revolution sei schon am Ziel: In der Bundesrepublik wuchs laut dem KBA nur noch Tesla, bei den Briten wurde kein Auto häufiger verkauft als das Model 3. Vorerst dürften das durch Corona-Störungen bedingte Ausreißer gewesen sein. Aber der Chef von Volvo sagte jetzt, die Virus-Krise werde auch dauerhaft für mehr Nachfrage nach Elektroautos sorgen.
„Rückkehr zur Norm naive Annahme“
„Die Elektrifizierung wird schneller vorangehen“, erklärte laut einem Bericht von CGTN Hakan Samuelsson, CEO des inzwischen in chinesischer Hand befindlichen Auto-Herstellers Volvo, bei einer Konferenz der Financial Times. Die Annahme, nach einigen Monaten werde alles wieder normal sein und Kunden würden in Autohäusern nach Diesel-Fahrzeugen verlangen, bezeichnete er als „naiv“. „Sie werden noch mehr nach Elektroautos fragen, und das beschleunigt sich“, sagte Samuelsson.
Konkrete Gründe für seine Prognose nannte der Volvo-CEO zumindest in der CGTN-Zusammenfassung seiner Rede nicht. Aber nach einer britischen Studie haben Verkehrsbeschränkungen wegen der Coronavirus-Pandemie in mehreren Regionen für eine bessere Luftqualität gesorgt – und das Interesse an Elektroautos soll dadurch rapide zugenommen haben. 45 Prozent der Teilnehmer sagten, jetzt neu darüber nachzudenken. Insgesamt sollen jetzt gut 60 Prozent der Briten in den nächsten fünf Jahren ein E-Mobil von Tesla oder anderen Herstellern kaufen wollen.
Tesla-Kauf: Schon vor Krise online
Und noch bei zwei anderen Aspekten äußerte sich Samuelsson von Volvo stark in Tesla-Richtung. Er glaube, dass Autos in Zukunft häufiger gemietet und geteilt würden, sagte der CEO – Tesla verfolgt Pläne für eine Robotaxi-System, bei dem Besitzer ihre Teslas autonom Fahrgäste befördern lassen. Und Samuelsson erklärte, ausgelöst durch die Corona-Krise würden Auto-Verkäufe in Zukunft stärker online abgewickelt – „während der Sperren hat jeder erlebt, dass E-Commerce funktioniert“, sagte er laut CGTN.
Diese Erfahrung konnten Tesla-Kunden auch beim Auto-Kauf machen, denn der Elektroauto-Pionier hatte schon vor Corona etwa vier Fünftel Online-Anteil bei seinen Verkäufen. Als die Sperren begannen, nutzte Tesla zudem die Internet-Fähigkeiten seiner Autos, um sie ohne direkten Kunden-Kontakt auszuliefern. Doch das ist ebenso sehr Krisen-Reaktion wie Teil eines Konzepts: Nach Angaben aus Tesla-Kreisen sollen Verkauf, Auslieferung und Service auch auf Dauer und in Zukunft noch stärker digitalisiert werden.
Volvo-Chef auf Tesla-Kurs
Nach den Aussagen von Samuelsson zu urteilen, ist Volvo also in mehrerlei Hinsicht auf Tesla-Kurs. Elektroautos baut das Unternehmen unter der Marke Polestar, die zusammen mit dem neuen Eigentümer Geely aus China gegründet wurde. Mit dem Polestar 2 soll in den nächsten Wochen das erste Modell in Europa ausgeliefert werden. In Preis und Größe ist es zwischen Model 3 und Model Y von Tesla angesiedelt. Die Website dafür wirkt zwar etwas weniger übersichtlich und elegant als die von Tesla, aber immerhin lassen sich auch dort Elektroautos direkt bestellen.