Statt Tesla als vorübergehendes Phänomen abzutun, gewöhnt sich der Rest der Auto-Branche zunehmend an, dem Elektro-Pionier stattdessen nachzueifern – manche Unternehmen wie Volkswagen und später Ford sprechen inzwischen sogar ganz offen darüber. Mit dem schwedisch-chinesischen Hersteller Polestar findet jetzt zudem auch das inzwischen eingestellte Referral-Programm von Tesla einen Nachahmer. Und der CEO von Ford erklärte, ebenfalls einem von Tesla gesetzten Trend folgend, Elektroautos in Zukunft nur noch im Internet und ohne Rabatte verkaufen zu wollen.
Polestar startet Programm in Tesla-Tradition
Mit Tesla-Weiterempfehlungen an andere konnten Kunden bis Anfang 2019 großzügige Prämien bis hin zu einem neuen Roadster verdienen. Dann wurde das wohl auch deshalb erfolgreiche Referral-Programm deutlich sparsamer, war aber immer noch beliebt, weil Tesla-Empfehler und -Neukunden jeweils ein Kontingent kostenlosen Supercharger-Strom bekamen. Im September 2021 aber wurde es „bis auf Weiteres“ eingestellt und blieb seitdem bei diesem Status.
In von Anfang an deutlich bescheidenerem Rahmen bringt dafür jetzt Polestar ein Referral-Programm, fast ein reiner Elektroauto-Hersteller wie Tesla, der zudem ebenfalls stark auf Online-Verkauf setzt. Wie er Ende Mai mitteilte, können Besitzer eines Polestar jetzt einen Code generieren und verschicken, und wenn er für den Kauf eines weiteren Autos genutzt wird, bekommen beide Seiten eine Belohnung. Der Käufer erhält eine Ladegutschrift über 100 Euro, der Werbende nach der Zahl der Vermittlungen gestaffelte Sachprämien mit einer individuellen Skizze von einem Polestar-Designer als Top-Preis (s. Foto oben).
Polestar-Begeisterung soll ansteckend werden, begründete das Unternehmen die Einführung des Programms. Ford-CEO Jim Farley wiederum zeigte sich in dieser Woche angesteckt von dem Tesla-Prinzip, Elektroautos nur online, zu den angezeigten Listenpreisen und ohne Werbung zu verkaufen.
Mit der Abschaffung von Rabatten machen etablierte Hersteller im aktuellen Umfeld anhaltender Knappheit zunehmend Fortschritte, sodass sie ihre Gewinne im ersten Quartal dieses Jahres trotz sinkender Stückzahlen auf ein neues Rekord-Niveau steigerten. Teure Werbung aber ist immer noch ein Teil davon, und auch direkter Online-Verkauf wie bei Tesla ist längst noch keine Selbstverständlichkeit. So soll es Volkswagen nicht gelungen sein, seine Händler zum Agentur-Modell für den Bulli-Nachfolger ID.Buzz zu bewegen – und bewirbt das Auto aktuell mit „Star Wars“-Unterstützung.
Ford ohne Elektroauto-Werbung und -Rabatt
Bei Ford aber gab CEO Farley jetzt zumindest klar die von Tesla vorgemachte Richtung vor. „Wir müssen zu nicht verhandelten Preisen kommen. Wir müssen 100 Prozent online werden“, sagte er laut einem Bericht von USA Today bei einer Anleger-Konferenz. Ebenfalls sollen Fahrzeuge von Ford nicht mehr bei Händlern auf Lager stehen, sondern erst nach Bestellung direkt vom Hersteller kommen. Laut dem Bericht gilt das für den Elektroauto-Bereich, dem Ford mit der intern eigenständigen Einheit Model e vor kurzem mehr Gewicht und Freiheit gegeben hat. Ob das Gleiche auch für das Verbrenner-Geschäft geplant ist, sei nicht klar geworden.
Speziell bei Elektroautos aber will sich Ford laut Farley noch in einer weiteren Hinsicht Tesla zum Vorbild nehmen: mit dem Verzicht auf oder zumindest dem Zurückfahren von Werbung. Mehr als genügend Reservierungen und Bestellungen von Mustang Mach-E und F-150 Lightning seien auch ohne große Kampagnen eingegangen, sagte der CEO bei der Konferenz weiter. Geld für Werbung sei besser in die Betreuung von Kunden nach dem Kauf investiert, denn der Aufbau von Loyalität sei wichtiger als Anzeigen beim Super Bowl, erklärte Farley laut USA Today. Wenn Ford während des teuren TV-Ereignisses jemals einen Spot für Elektroautos zeige, solle man die Aktie verkaufen.