Elektroautos haben mit vielen Vorurteilen zu kämpfen – wenig Reichweite, langes Laden, neue und nicht haltbare Technik. Hansjörg Freiherr von Gemmingen-Hornberg allerdings ist seit vielen Jahren mit einem Tesla Roadster und einem Model S elektrisch unterwegs und will so zeigen, dass sie absolut alltagstauglich sind. Ein Jahr nach dem Überschreiten von 1 Million Kilometer mit seinem Model S Ende 2019 gratulierte ihm CEO Elon Musk auf Twitter, inzwischen hat der Freiherr im Tesla schon die 1,4 Millionen Kilometer hinter sich gelassen. Von Gemmingen-Hornberg hat sich das Tesla-Fahren praktisch zur Lebensaufgabe gemacht und zeigt keine Neigung, damit aufzuhören. Zum Jahresende hat er teslamag.de wie sechs andere Persönlichkeiten der Elektroauto-Welt sieben Fragen beantwortet.
Fahren Sie ein Elektroauto? Wenn ja, welches und warum? Wenn nein, bitte ebenfalls Modell und Grund nennen.
Seit September 2009 einen Tesla Roadster und seit August 2014 ein Tesla P85 Model S (Hauptauto) als Ersatz für einen V8-Mercedes.
Was ist das Beste und was das Nervigste an diesem (Elektro-)Auto?
Verzögerungsfreies und leises Anfahren ohne Gestank und Rauchfahne, zu Hause laden, emmisionsfreies Vorklimatisieren statt Eiskratzen. Am allermeisten nerven blockierte Ladeplätze, nur dafür kann kein Elektroauto was! Bei schneller, nasser und kalter Fahrt ist ein Akku relativ schnell leer und bei älteren Akkus wie meinem dauert ein Ladevorgang schon mal über eine Stunde.
2021 wurden voraussichtlich rund 350.000 reine Elektroautos in Deutschland verkauft. Wie viele werden es 2022 sein?
Ich schätze um die 2,5 Millionen.
Was müsste Ihrer Meinung nach passieren, damit schon 2025 niemand in Deutschland mehr ein Auto mit Verbrennungsmotor kaufen will und wäre das positiv?
Vorläufiges Tempolimit. Der Vorteil langanhaltender hoher Geschwindigkeiten des Verbrenners wäre kostenfrei weg. Ladeplätze müssen von Blockierern konsequent freigehalten werden. Es muss das Blockieren von der Politik als Nötigung geahndet werden, wenn sich zum Beispiel ein Spass daraus gemacht wird oder ein (Verbrenner-)Fahrzeug gleich mehrere Ladeplätze besetzt oder auch Fahrer bekannt sind, es öfters zu tun (alles schon erlebt). Der Ausbau von zuverlässigen Ladeplätzen, bequeme Zugangsmöglichkeit. Das Ladekarten- und App-Chaos ist schnellstens zu beenden. Jedes Haus, Wohnung braucht eine verbrauchslastabhängige Lademöglichkeit, auch andere Örtlichkeiten, damit diejenigen laden können, bei denen es zu Hause nicht möglich ist. Strom muss billiger und die Preise transparent werden – im Gegenzug müssen Subventionen für fossile Treibstoffe eingestellt werden. Akkus müssen kompakter, leistungsfähiger und langlebiger werden (werden sie auch). Je schneller das Verkaufsende für Verbrenner kommt, desto besser. Allein mit dem benötigtem Strom für die Herstellung von Treibstoff hat ein gleichwertiges Elektroauto schon ca 30 Prozent der Wegstrecke eines Verbrenners zurückgelegt. Auch bedenke man, dass ein Auto in unseren Breitengraden eine Lebenszeit von 15-20 Jahren hat und somit erst in ca. 15 Jahren die Umstellung soweit erfolgt ist. Zugleich sollten weniger Autos genutzt werden.
Sie haben extrem viele Kilometer im Tesla zurückgelegt. Wie viele sind es derzeit genau und warum machen Sie das eigentlich?
Mit dem Roadster sind es 693.000 Kilometer. Dieser wird nur auf salzfreien Straßen gefahren, deshalb sehr viel weniger. Mit dem Model S sind es exakt 1.485.161 Kilometer. Anfang Januar werden die 1,5 Millionen erreicht sein. Das Unangenehmste sind die Abgase der Fossilfahrzeuge. Ich suche deshalb nach einer Lösung, um mir einen Hepafilter zu installieren. Ich muss immer wieder lesen und hören, dass Elektroautos unzuverlässig, ständig leer und defekt sind und oft brennen. Ich beweise regelmäßig das Gegenteil. Das macht riesige Freude, da die ganze Welt mir zuschaut, auch wenn manche mich für verrückt erklären. Deshalb macht es mir große Freude, regelmäßig neue höhere Kilometer-Stände durchgeben zu dürfen. Der letzte instandgesetzte Akku erreichte ohne Störung über 668.000 Kilometer, die vorletzte DU (drive unit) 775.000 Kilometer, die letzte allerdings keine 50.000 Kilometer. War wohl ein Instandsetzungsfehler. Der jetzige Akku hat 280.000 Kilometer mit weniger als 2 Prozent Kapazitätsverlust absolviert. Covid-19-bedingt fahre ich zur Zeit nicht ins Ausland und habe dadurch einen Supercharger-Anteil von unter 5 Prozent.
Wer so viel fährt, müsste jedes Problem mit Teslas und Elektromobilität allgemein kennen. Was stört oder ärgert Sie in diesem Zusammenhang am meisten?
Tesla lässt extrem viel Leistung zu. Das macht Spass, aber viele Komponenten der Autos leiden und ziehen kostspielige Reparaturen nach sich. Auch deshalb wurde von Tesla die Ladeleistung stark gemindert, um Garantiefälle in der allerdings super-großzügigen achtjährigen Garantiezeit ohne Kilometer-Begrenzung zu reduzieren. Serviceprobleme sind aber deutlich auf dem Wege der Besserung. Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr schonend fahre. Deshalb habe ich sehr wenige Defekte und einen sehr geringen Verbrauch. Es ist bewiesen, das schnelles Laden und schnelles Entladen, besonders im Wechsel, jeden Akku stresst. Zu langsames Laden (per Haushaltsstecker), auch Schuko genannt, mit entsprechend niedriger Arbeitstemperatur tut größeren Akkus auch nicht gut. Deshalb ist man mit ca. 8-22 kW Ladeleistung auf der sicheren Seite. Auch Akku-Stände unter 10 Prozent und über 90 Prozent sollten noch tunlichst vermieden werden.
Welche Kosten für Reparaturen hatten Sie auf Ihren langen Strecken und haben Sie das alles selber bezahlt?
Es waren bisher ca. 26.000 Euro. Dreimal Achsen komplett durchrepariert, zweimal Bremsen, zweimal Türgriffe, einmal Stoßdämpfer, genau wie Hochvoltkabel erneuert und Akkukühlungs-Kondensatoren. Wasserkühler und Luftklappen wurden letzten Sommer erneuert, weil komplett zu mit Schmutz und Salz, der nicht mehr zu entfernen war. Alles selbst bezahlt. Garantie: dreimal Akkutausch, achtmal Drive-Unit-Tausch, die erste Generation hielt nicht mehr als 70.000 Kilometer, die ersten 80.000 Kilometer einige Änderungen am Fahrwerk, Panoramadach. Alles kostenfrei.
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Alle Beiträge in unserer Reihe „7 Köpfe, 7 Fragen“:
Wie wird die Qualität des deutschen Model Y, Tesla-Doktor Ove Kröger? (25.12.)
Wird Elektroauto-Laden 2022 noch teurer, Timo Sillober von EnBW? (26.12.)
Warum fahren Sie so viel Tesla, Hansjörg von Gemmingen-Hornberg? (27.12.)
Was ist schneller als ein Plaid-Tesla, Rennfahrerin Lina van de Mars? (28.12.)
Wie oft haben Sie 2021 an Elon Musk geschrieben, Tesla-Kenner Adrian? (29.12.)
Welches Ihrer Elektroautos ist das beste, Stefan Moeller von nextmove? (30.12.)
Was wird 2022 die größte Tesla-Herausforderung, Minister Steinbach? (31.12.)