Regierungen weltweit tun viel – aber wahrscheinlich immer noch nicht genug – dafür, die CO2-Emissionen in den kommenden Jahren zu begrenzen und damit die Gefahr von lokalen Klima-Katastrophen oder sogar einer globalen zu verringern. Ein Weg zu diesem Ziel sind Elektroautos, die in der Anschaffung jedenfalls unsubventioniert allerdings immer noch mehr kosten als vergleichbare Verbrenner. Bei der Strom-Produktion dagegen ist laut Marktforschern inzwischen ein wichtiger und rein kommerzieller Energie-Wendepunkt erreicht: Photovoltaik-Anlagen neu aufzubauen, ist billiger, als bestehende fossile Kraftwerke weiter zu betreiben.
Photovoltaik selbst in Deutschland billiger
Zu dieser Erkenntnis kommt die Energie-Marktforschungsfirma BloombergNEF auf Grundlage ihrer regelmäßigen Beobachtung der so genannten Gestehungskosten von Strom aus unterschiedlichen Quellen. Unter Berücksichtigung von Bau- und Betriebskosten über viele Jahre wird dafür berechnet, wie teuer letztlich jede produzierte Megawattstunde ist. Bei erneuerbaren Quellen zeigt der Trend aufgrund von zunehmenden Größenvorteilen und Erfahrungen seit Jahren steil nach unten, während die Kosten von Kohle- oder Gas-Kraftwerken bestenfalls stabil blieben.
Bei Photovoltaik hatte diese Entwicklung laut BNEF schon zuvor dazu geführt, dass in Ländern, in denen zusammen zwei Drittel der Weltbevölkerung leben, die gesamten Gestehungskosten unter denen für Strom aus fossilen Kraftwerken liegen. Im ersten Halbjahr 2021 aber wurde nach Angaben der Marktforscher ein „wichtiger neuer Meilenstein“ erreicht: Neue Solar-Kraftwerke sind jetzt einschließlich Aufbau oft billiger als der bloße Weiterbetrieb von fossilen. Das gilt für die großen CO2-Emittenten China und Indien ebenso wie für den Großteil Europas einschließlich Deutschland.
Als konkrete Kosten nennt BNEF im globalen Durchschnitt 48 Dollar pro Megawattstunde Solar-Strom (aus Großanlagen) und 41 Dollar bei Onshore-Wind, 87 bzw. 63 Prozent weniger als 2010. Dahinter verbergen sich aber große regionale Unterschiede. Den billigsten Strom weltweit könnten sich aktuell Brasilien und der US-Bundesstaat Texas sichern – 22 Dollar pro Megawattstunde mit Windparks auf dem Land. In Chile und Indien kostet Photovoltaik-Strom am wenigsten. In Deutschland gehören die Solar-Gestehungskosten mit 50 Dollar pro Megawattstunde zu den höchsten Europas. Aber auch hier liegen sie laut BNEF schon deutlich unter den reinen Betriebskosten für Kohle- oder Gas-Kraftwerke, die auf mehr als 70 Dollar pro Megawattstunde geschätzt werden.
Kohle-Ausstieg erst spätestens 2038
Rechnerisch vernünftig wäre es demnach selbst in Deutschland, nicht nur keine neuen Fossil-Kraftwerke zu bauen, sondern bestehende abzuschalten und durch mehr erneuerbare zu ersetzen; auch Windkraft an Land kostet schon weniger. An dieser Stelle wird es aber natürlich doch wieder politisch – der Kohle-Ausstieg wurde hierzulande nach viel Gezerre erst für spätestens 2038 beschlossen. Bis dahin oder schon früher dürfte immerhin auch der nächste Meilenstein erreicht sein, der für die totale Energie-Transformation wohl erforderlich ist: Strom aus erneuerbaren Quellen müsste auch einschließlich der wegen ihrer Unstetigkeit nötigen Speicher- und Netz-Infrastruktur weniger kosten als fossiler.