Elektroautos in großer Zahl zu verkaufen, mag derzeit gar nicht so schwierig sein, sie zu produzieren aber ist es immer noch sehr. Diese Erfahrung machen aktuell unabhängig voneinander Rivian und Lucid, die zu den glaubwürdigsten unter den in den vergangenen Jahren zahlreich neu gegründeten Herstellern gehören. Beide haben schon Elektroautos auf dem Markt, aber bei Lucid gab es im Mai einen Komplett-Rückruf der Limousine Air, und in der Rivian-Fabrik brannte ein Akku – und Tesla-Chef Elon Musk warnt schon, ohne Kurs-Wechsel drohe beiden die Pleite. Aber Ford als einem etablierten Konkurrenten, der jetzt ebenfalls verstärkt auf Elektroautos setzt, tut sich mit der Technologie offenbar ebenfalls schwer.
Ford mit Funk-Rückruf wie Tesla
Mit dem F-150 Lightning hat Ford im April die Produktion seines elektrischen Pickup gestartet, mit dem Mustang Mach-E gibt es schon seit 2020 ein Elektroauto in der Klasse des Model Y, das es im ersten Quartal immerhin auf Platz 3 der elektrischen US-Bestseller hinter dem Tesla und dem Model 3 schaffte. Im Rest des Juni werden allerdings keine weiteren hinzukommen, denn in dieser Woche instruierte Ford seine US-Händler, vorerst keine Mustang Mach-E (s. Foto oben) auszuliefern. Kurz darauf wurde ein Rückruf veröffentlicht, der mit knapp 50.000 Stück etwa die Hälfte der bisherigen Produktion umfassen soll.
Anlass dafür ist laut der US-Verkehrsbehörde NHTSA, dass die Hauptschütze für die Fahrbatterie bei hohem Leistungsabruf oder schnellem Laden zu heiß werden können. In der Folge könnten Kontakte schaden nehmen, sodass Öffnen und Schließen nicht mehr zuverlässig funktionieren, wodurch wiederum der Antrieb ausfallen kann. Nach den offiziellen Angaben hat Ford seit vergangenem Juli 283 Garantie-Meldungen zu diesem Problem erhalten und Anfang Juni beschlossen, dass ein Rückruf erforderlich ist.
Interessant dabei ist, dass er in Form eines drahtlosen Software-Updates erfolgen soll. Auch das hat Tesla der etablierten Auto-Branche beigebracht und musste diese Möglichkeit zuletzt häufig nutzen, um seine Elektroautos in Rückrufen wieder regelkonform zu machen. Bei Ford soll es jetzt auf die gleiche Weise funktionieren. In der NHTSA-Meldung steht, dass im Juli per Funk eine neue Version zweier Software-Module auf betroffene Mustang Mach-E aufgespielt wird. Wer möchte, kann das auch beim Händler erledigen lassen.
Akku-Brände bei erstem GM-Elektroauto
Damit bleibt Ford offenbar immerhin ein teurer Hardware-Rückruf erspart, und wenn die Funk-Aktualisierung gut funktioniert, könnte sogar ein positiver Marketing-Effekt übrig bleiben. Auf jedem Fall scheint es dem Traditionsunternehmen mit seinem ersten wichtigen Elektroauto deutlich besser zu ergehen als General Motors, das mit seinem Chevrolet Bolt in den USA sogar kurz vor dem Tesla Model 3 startete, ab Sommer 2021 aber jeden davon wegen drohender Akku-Brände physisch zurückrufen musste. Allerdings gibt es bei Ford zusätzlich zu dem modernen Software-Problem beim Elektro-Mustang ein viel umfassenderes im großen Rest seiner Palette, das zwar ebenfalls elektrisch ist, sich aber nicht per Update beheben lässt: Am Tag nach dem Elektroauto-Rückruf folgte einer für 3,3 Millionen ältere Fords, bei denen ein Kabel für die Fahrstufenwahl versagen kann.