Während des anhaltenden russischen Angriffs auf die Ukraine macht sich SpaceX mit seinem Satelliten-Internet Starlink zivil und militärisch nützlich, und ein jahrelanger Streit mit dem Konkurrenten OneWeb um Plätze im All wurde vor kurzem beigelegt. Zusammen mit regelmäßigen Crew-Missionen zur ISS dient all das zudem nur dem Warmlaufen und der Finanzierung für die eigentliche Mission des von Tesla-Chef Elon Musk gegründeten Unternehmens, nämlich dem Erreichen von Mars und mehr, bei dem es ebenfalls Fortschritte macht. Intern aber scheint bei dem Musk-Unternehmen Unruhe zu herrschen oder zumindest kurz geherrscht zu haben: Laut Berichten haben mehrere SpaceX-Beschäftigte intern gegen den CEO mobilisiert, woraufhin mindestens einige von ihnen schnell entlassen wurden.
SpaceX soll sich von Musk distanzieren
Ab diesem Mittwoch sei bei SpaceX auf internen Kanälen ein offener Brief verbreitet worden, in dem das Verhalten von Musk als „häufiger Anlass für Ablenkung und Beschämung“ bezeichnet wird, berichtet unter anderem die New York Times (NYT). Jede Äußerung des CEO werde als offizielles Statement von SpaceX verstanden, weshalb es wichtig sei, sich davon zu distanzieren. Außerdem werde das Unternehmen seiner eigenen Politik von „no assholes“ und keinerlei Toleranz gegenüber sexueller Belästigung nicht gerecht.
Wie viele Beschäftigte sich dem offenen Brief wie erbeten namentlich oder anonym anschlossen, wurde zunächst nicht bekannt. Er soll aber intern intensiv diskutiert worden sein und dabei viel Unterstützung gefunden haben, berichtete The Verge. Konkret wird demnach darin gefordert, dass SpaceX das „schädliche Twitter-Verhalten“ von Musk öffentlich verurteilt, dass alle Mitglieder der Führung Verantwortung für ein förderliches Arbeitsumfeld übernehmen und dass inakzeptables Verhalten klar definiert und konsequent sanktioniert wird.
Als Anlass für ihre Governance-Initiative nennt die unbekannte Gruppe vor kurzem öffentlich gewordene Vorwürfe, Musk habe während eines Privatflugs eine SpaceX-Stewardess sexuell belästigt. Dies und der Umgang des CEO damit (er bestritt die Darstellung auf Twitter und scherzte später darüber) wirke sich auf den Ruf des Unternehmens und damit seine Mission aus, schrieben die Beschäftigten laut The Verge. Dabei stellen sie sich hinter Musks Ziel, die Menschheit zu einer multiplanetaren Spezies zu machen, ergänzen es aber um „SpaceX zu einem großartigen Arbeitsplatz für alle zu machen“. Die aktuellen Ereignisse seien keine isolierten Fälle, sondern symptomatisch für die Kultur dort.
Belästigungsvorwürfe auch bei Tesla
Schon Ende 2021 hatte The Verge von angeblich mehreren Fällen von sexueller Belästigung bei SpaceX berichtet. Auch bei Tesla reichten in dieser Zeit laut Berichten mindestens sieben Mitarbeiterinnen Klagen wegen solcher Fälle ein. Sie sollen nicht CEO Musk selbst betreffen, aber seine gelegentlich sexistischen Twitter-Äußerungen werden als Faktor angeführt, der zu einer feindlichen Kultur beiträgt.
Der internen Kritik bei SpaceX wurde laut der NYT jetzt allerdings schnell wieder ein Ende bereitet. Mehrere Beschäftigte, die am Verfassen oder Verteilen des offenen Briefes beteiligt waren, seien entlassen worden, berichtete die Zeitung unter Berufung auf drei informierte Personen. Laut der Agentur Reuters mussten mindestens fünf Beschäftigte gehen. Eine E-Mail der SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell (s. Foto oben mit Brasiliens Kommunikationsminister) soll Kündigungen für mehrere Beteiligte bestätigen. Nach den Angaben darin habe das Geschehen um das Schreiben andere Beschäftigte verunsichert und gestört, und sie hätten sich unter Druck gesetzt gefühlt, etwas zu unterschreiben, das sie nicht mittragen. Das sei nicht akzeptabel, zitiert die Zeitung aus der Shotwell-Mail. Die Belegschaft solle bitte auf die SpaceX-Mission konzentriert bleiben – „so kommen wir zum Mars“.