Nach unserer ersten Ausfahrt mit dem VW ID.3 schauen wir uns im zweiten Teil unserer Serie „Alle gegen Tesla“ das Honda-Elektroauto mit dem überaus kurzen Namen e an. Der wendige kleine Stadtflitzer kostet knapp 32.900 Euro abzüglich der aktuellen E-Auto-Förderung, besitzt eine 35 kWh große Batterie und beschleunigt in 9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Damit bewegen sich Batterie-Kapazität und Fahrleistungen auf einem Niveau, das von jedem Tesla ohne Mühe übertroffen wird. Aber: Bei unserer Ausfahrt stellen wir fest, dass der Honda e einige Details besitzt, die wie uns auch in unserem Tesla Model 3 wünschen würden. Kann Tesla also vom Elektroauto-Nachzügler Honda sogar etwas lernen?
Elektro-Flitzer für die Stadt
Wie alle Elektroautos in dieser Test-Reihe wurde auch der Honda e von der spezialisieren Vermietung nextmove zur Verfügung gestellt. Für einen kleinen Stadtwagen ist eine Eigenschaft besonders wichtig: die Wendigkeit. Hier steckt der Honda e auch das Tesla Model 3 nur mit Heck-Antrieb in die Tasche. Sein winziger Wendekreis erinnert stark an den eines Smart – man glaubt fast auf der Stelle zu wenden. Das ist toll und technisch aufgrund des Heck-Antriebes und der damit fehlenden Antriebswellen vorn überhaupt erst möglich. Auch Tesla könnte zumindest die Heckantriebs-Variante des Model 3 genauso gestalten, aber die Baureihe verfügt eben auch über Allrad-Modelle, weshalb die Vorderachs-Konstruktion zwecks Kosteneffizienz wohl nicht stark variieren soll.
Wer in den Honda e das erste Mal einsteigt, staunt. So viele Monitore, so viele Informationen, aber trotzdem auch so viele Knöpfe, hat man noch in keinem realen Fahrzeug gesehen. Man wähnt sich fast in einem Computer-Spiel, so unwirklich wirkt dieses Cockpit in den ersten Minuten. Die gesamte Front des Armaturenbretts besteht aus Monitoren. Darauf werden sehr viele Informationen angezeigt, die auch noch individualisiert werden können. Energie-Fluss, Kameras, Fahrdaten, Navi: Alles kann nach den Vorlieben des Fahrers unkompliziert eingestellt und verschoben werden. Eine derartig umfangreiche Individualisierung ist bei Tesla nicht möglich. Weil wir es im Honda erlebt haben, würden wir uns die Möglichkeit auch im Model 3, S oder X wünschen.
Honda verändert in seinem kleinen Elektroauto radikal alles, was man als historisch betrachten könnte. Im gesamten Auto gibt es keinen Spiegel. Diese sind durch Kameras ersetzt. Ein Umstand, an den man sich gewöhnen muss. Gerade der Rückspiegel ist etwas seltsam gelöst. Einerseits sieht man das Kamerabild, andererseits spiegelt sich die Realität auch ganz klassisch im Hochglanzglas. Hier muss man jedes Mal in Bruchteilen von Sekunden auf das Kamerabild fokussieren. Dann aber funktioniert das ziemlich gut.
Honda-Elektroauto ohne Seitenspiegel
Die Seitenspiegel fallen im Honda e ganz weg. Stattdessen sind zwei kleine Monitore im Inneren des Fahrzeuges an den Enden des Armaturenbretts platziert, die extrem klar die Situation hinter dem Auto zeigen. Das Eingewöhnen an diese Lösung und damit den wegfallenden Blick aus dem Fenster gelingt sehr schnell. Alle Anzeigen sind digital, die Wahl der Fahrstufen erfolgt mit Druckknöpfen. Hier zeigt sich der Honda verspielt. So viele Schalter für D, N, P und R? Definitiv nicht notwendig, zum Charakter des Hondas aber passt es. Einfach zu bedienen ist es jedenfalls.
Die ersten Meter im e-Honda sind unwirklich. Überall werden irgendwelche Infos angezeigt und die Spiegel-Monitore ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Sehr schnell aber merkt man, dass der e-Honda bequem und komfortabel ist. Er ist sehr gut gedämmt, sein Fahrwerk angenehm abgestimmt. Man schwebt zwar nicht über Unebenheiten, aber bei dem kurzen Radstand hätte man mehr Bewegung erwartet. Daher ist man angenehm überrascht und freut sich über ein sehr kultiviertes Fahrzeug.
Kultiviert wie Tesla Model 3
Hier kommt der e-Honda ganz nah an das Tesla Model 3 heran, auch wenn dieses unter anderem aufgrund des längeren Radstandes automatisch Vorteile bietet. Leider ist der e-Honda bei 150 km/h laut Tacho abgeregelt. Honda selbst gibt 145 km/h an. Die Elastizität ab 100 km/h bewegt sich auf durchschnittlichem Niveau. Das haut einen nicht vom Hocker, als Verkehrsbehinderung wird man aber auch nicht wahrgenommen.
Die Qualitätsanmutung im Elektro-Honda ist sehr gut. Davon kann sich nicht nur Tesla eine Scheibe abschneiden. Hochwertige Materialien, tolle Sitzbezüge, die alles andere als langweilig wirken, und eine gute Verarbeitung zeichnen ihn. In diesem Bereich und bei den Möglichkeiten der Individualisierung könnte der Honda Tesla sogar als Vorbild dienen. Wir jedenfalls würden es gut finden.
Text und Fotos: Martin Zink