Das Bundeswirtschaftsministerium will reine Elektroautos weiter fördern, die Regeln dafür aber übersichtlicher und weniger leicht zu missbrauchen machen. Dazu legte es den anderen Ressorts im April einen Entwurf für die Neugestaltung des Umweltbonus ab 2023 vor, der unter anderem eine längere Haltedauer und die Orientierung an Brutto-Gesamtpreisen statt Netto-Basispreisen vorsieht. Damit würden unter anderem manche Model 3 und Model Y von Tesla abhängig von der Ausstattung aus der Förderung fallen, weil sie die neue Brutto-Grenze von 65.000 Euro überschreiten. Ein wichtiges Detail dabei war noch nicht klar – doch wie sich jetzt herausstellt, wurde es offenbar denkbar ungeschickt geregelt.
Tricksen mit Elektroauto-Rabatten
Plugin-Hybride sollen ab kommendem Jahr in Deutschland gar nicht mehr subventioniert werden, und bei reinen Elektroautos will das Ministerium aus zwei verschieden hohen Sätzen einen machen, der zudem unter dem aktuell niedrigeren liegt: 4000 Euro vom Staat sind ab 2023 vorgesehen und von 2024-2025 dann 3000 Euro. Dabei gilt nach den Informationen von Mitte April die Kaufpreis-Grenze von 65.000 Euro, und zwar neu bezogen auf den „Brutto-Gesamtfahrzeugpreis inkl. Sonderausstattung“.
Ausgehend davon, dass damit wie zuvor beim Umweltbonus ein Listenpreis gemeint ist, hätte das zum Beispiel für das Tesla Model Y Performance ab 2023 das Ende der deutschen Förderung bedeutet. Denn nach Liste kostet es aktuell (wenn man den im Tesla-Konfigurator schon abgezogenen Hersteller-Rabatt nach der aktuellen Regelung wieder aufschlägt) mindestens 66.965 Euro, also zu viel für den Umweltbonus. Wären Listenpreise gemeint gewesen, würde es 2023 also selbst dann aus der Förderung fallen, wenn Tesla den Rabatt weiter gewähren würde.
Von der Listen-Interpretation gingen mit Blick auf Tesla wie andere Marken die meisten Beobachter aus. Doch die Elektroauto-Vermietung nextmove fragte jetzt für ihren wöchentlichen Nachrichten nach – und erhielt exakt die gegenteilige Auskunft. „Der im Entwurf genannte Bruttogesamtfahrzeugpreis entspricht dem Endpreis auf dem Kaufvertrag und berücksichtigt damit Händlerrabatte sowie bspw. auch eine zusätzliche Sonderausstattung eines Fahrzeuges“, lautete die Antwort aus dem Bundeswirtschaftsministerium.
Sie fiel also deutlich aus, aber unerwartet. Wenn ein Händler oder Hersteller auf ein Elektroauto für brutto 100.000 Euro Listen-Endpreis 35.000 Euro Rabatt gibt, würde es damit für den Käufer noch 4000 Euro billiger, weil er zusätzlich den Umweltbonus in dieser zukünftigen Höhe abziehen könnte. Wenn es diesen Rabatt tatsächlich gibt, mag das noch im Sinn des Gesetzgebers sein. Doch nextmove warnt, dass damit Betrügereien Tür und Tor geöffnet werde. Die Auto-Branche sei in dieser Hinsicht kreativ, wie schwarze Schafe zum Beispiel auch mit Tricks beim Verkauf gebrauchter Elektroautos schon gezeigt hätten. Der Förder-Behörde könnte also nur ein Vertrag zum passend rabattierten Preis vorgelegt werden, aber auf eine geheime zweite Rechnung hin zahlt der Kunde in Wirklichkeit mehr.
Software-Nachkauf bei Tesla kritisch?
In der aktuellen Form sei die Umweltbonus-Reform deshalb eine „Aufforderung zu, sagen wir mal, innovativen neuen Gestaltungsmodellen mit fließendem Übergang zu handfestem Betrug“, formuliert es der nextmove-Geschäftsführer Stefan Moeller in dem Video. Das gelte für den Preis-Bereich von 65.000 bis 80.000 Euro, also in der Nähe der neuen Brutto-Grenze. Das Ministerium habe er vor den absehbaren Folgen seines Entwurfs gewarnt und hoffe, dass dieser Punkt noch auf den Listen-Endpreis geändert wird oder Schein-Rabatte zumindest klar verboten werden.
Interessant dürften Preis-Fragen bei der deutschen Elektroauto-Förderung aber auch dann bleiben, wenn sie in dieser Hinsicht noch angepasst wird. Denn zum Beispiel bei Tesla kann man nach Kauf und Übergabe erweiterte Autopilot-Funktionen oder die komplette FSD-Option bestellen und bei Model 3 und Model Y Long Range eine schnellere Beschleunigung. Wenn durch solche Software-Extras die 65.000 Euro überschritten werden, dürfte sie kaum noch jemand gleich beim Kauf dazuwählen, auch wenn sie fest gewünscht sind. Aber laut Moeller ist derzeit nicht klar, ob man mit dieser Taktik nicht selbst in den Bereich des Betrugs geraten würde.