Wozu sollte man einen riesigen Kasten mit Hebebühne und komplizierter Roboter-Technik aufstellen und ständig geladene Akkus auf Lager haben, wenn man die doch auch in immer kürzerer Zeit einfach aufladen kann? Ungefähr diese Frage stellen sich an schnelle Supercharger von Tesla gewöhnte Europäer mit Blick auf China, wo unter anderem das Startup Nio das Konzept des schnellen Batterie-Wechsels vorantreibt. Mittlerweile mehr als 1100 Stationen in der Heimat und erste Europa-Aktivitäten lassen jedoch kaum Zweifel daran, dass es ernst gemeint ist. Mit CATL ist zudem auch der größte Batterie-Hersteller der Welt in China bei Tausch-Stationen engagiert – und prüft jetzt, damit ebenfalls ins Ausland zu expandieren.
Elektroauto-Service mit Öl-Partnern
In seiner Heimat hat CATL Anfang dieses Jahres Evogo vorgestellt, seine Marke für Akku-Tausch bei Elektroautos, den das Unternehmen mit standardisierten Blöcken unterstützt. Dieses Konzept war mit einer transparenten Wechsel-Station im Miniatur-Format auch auf der Messe IAA Transportation 2022 zu sehen, die derzeit in Hannover stattfindet (s. Foto oben). Derzeit wird der Service in nur zwei chinesischen Städten für ein Taxi-Elektroauto von FAW angeboten. Doch erst in dieser Woche gab CATL die Gründung eines Joint-Ventures bekannt, das sich auf Batterie-Vermietung und -Tausch spezialisieren soll. Zu den Partnern zählen der Auto-Hersteller SAIC und zwei Öl-Unternehmen.
In China scheint Batterie-Tausch also gesetzt – kurzfristig profitiert das Konzept dort davon, dass eine Preis-Grenze für Zuschüsse bei Elektroautos mit Wechsel-Akkus nicht gilt. Aber auch Europäer werden sich möglicherweise daran gewöhnen müssen oder dürfen. Nio steht vor dem Deutschland-Start mit seinen Elektroautos und ist mit dem Bau seiner ersten Wechsel-Station an der A8 in Bayern schon weit fortgeschritten und hat eine zweite in einem großen Ladepark mit Tesla-Superchargern und Fastned-Säulen in NRW begonnen. Und ein hoher Manager von CATL sagte in dieser Woche, dass auch eine internationale Expansion von Evogo geprüft wird.
Akku-Tausch aus China nach Europa
Nio hat sich in dieser Hinsicht schon entschieden. Zu seinen bislang 1100 Swap Stations in China sollen bis Ende 2025 weltweit noch einmal 4000 hinzukommen, davon 1000 nicht im Heimatland. Die meisten der ausländischen Stationen seien in Europa geplant, konkretisierte einer der Nio-Gründer diese Woche gegenüber Reuters. CATL dagegen ist noch dabei, die Bedingungen dafür außerhalb Chinas gründlich zu untersuchen, erklärte ein für Auslandsgeschäfte verantwortlicher Manager des Unternehmens am Donnerstag in einem Interview mit CNBC. Unter anderem gehe es dabei um Partnerschaften und lokale Regulierung, was ab diesem Jahr Schritt für Schritt evaluiert werde. Einstweilen wird Nio also wohl der einzige Tausch-Anbieter in Europa bleiben, aber demnächst könnte der Batterie-Riese CATL mit Partnern dem Konzept neuen Schwung verleihen.