Erstmals seit 2013 fand am vergangenen Wochenende wieder ein Rennen der Formel 1 auf dem deutschen Nürburgring statt; Strecken-Not aufgrund der weltweiten Coronavirus-Probleme machte es möglich. Daraus wurde ein historischer Gran Prix in dem vielleicht ebenfalls historischen Motorsport – Lewis Hamilton im Mercedes gewann in der Formel 1 zum 91. Mal, ebenso oft wie zuvor Michael Schumacher. Vorher aber wurde die Strecke von einem ebenfalls erfolgreichen Fahrer in einem wahrscheinlich noch schnelleren Fahrzeug getestet: von Nico Rosberg, Weltmeister des Jahres 2016, der sich seitdem zunehmend mit Elektroautos nicht nur von Tesla beschäftigt, in dem VW-Renner ID.R.
Renn-Elektroauto ID.R sammelt Rekorde
Das spezialisierte Renn-Elektroauto wird von Volkswagen jeweils passend abgestimmt auf verschiedene Strecken weltweit geschickt, um dort abzuräumen. Beim Berg-Rennen Pikes Peak blieb der ID.R im Jahr 2018 als erstes Fahrzeug überhaupt unter 8 Minuten, 2019 gab es einen Strecken-Rekord in Goodwood. Im Juni desselben Jahres folgte die Nordschleife des Nürburgring, für die er gut 6 Minuten 5 Sekunden und 34 Hundertstel brauchte – absoluter Rekord für Elektroautos.
In derselben Gegend, aber nicht auf derselben Strecke fuhr jetzt der frühere Renn-Profi Niko Rosberg eine heiße Runde mit dem ID.R für den Ring. 2016 hatte er nach seinem ersten Gesamtsieg überraschend seinen Rückzug aus der Formel 1 erklärt und sich dann zunehmend Umweltthemen einschließlich Elektroautos zugewandt. Als Tesla-Chef Elon Musk im Sommer 2019 ankündigte, bald ein extraschnelles Model S auf den Nürburgring zu schicken, bot sich Rosberg als Fahrer dafür an (kam dann aber doch nicht ans Steuer). Aber in seinem eigenen YouTube-Kanal hat er zum Beispiel schon den Track-Modus des Tesla Model 3 vorgeführt und bejubelt.
Und jetzt hatte er Gelegenheit, auf der kürzeren Grand-Prix-Strecke am Ring in der Eifel aus dem leichten ID.R alles herauszuholen, was der zu bieten hat. Erst zeigte sich Rosberg dabei trotz reichlich Renn-Erfahrung geradezu ängstlich: Der elektrische Renn-VW wird von oben bestiegen und dann geschlossen – und unter der Kuppel mit zwei Akku-Modulen direkt neben sich fühlt sich der Fahrer sichtlich unwohl. Fast scheint er rauszuwollen, ist dann aber doch ganz Profi und besinnt sich auf die Anweisungen. Eine kurze Einführung hat er vorher von seinem Kollegen Romain Dumas bekommen, der 2019 für VW den Nordschleifen-Rekord aufstellte.
Nach erheblichem Wasserpumpen-Getöse im Inneren rollt Rosberg leise an die Start-Linie, und von der geht es dann nach einem zischenden Knall mit rapide höher werdendem Motoren-Sirren schlagartig nach vorn. Rosberg strahlt, scheint alle Bedenken zu vergessen und beginnt routiniert, die Strecke, seinen Umgang damit und das Können des Elektroautos zu kommentieren, immer begleitet vom hektisch an- und abschwellenden Antriebsgeräusch. So geht es weiter bis zur Ziel-Geraden mit Vollstrom.
Tesla-Chef will Ring-Rekord zurück
„Sobald ich losgefahren bin, habe ich mich gefühlt wie ein Fisch im Wasser“, berichtet Rosberg nach vollendeter Strecke glücklich. Grip, Abtrieb und die Bremsen des ID.R seien ziemlich wie in der Formel 1, und die Beschleunigung einfach „wahnsinnig“. Dieses Attribut war lange Tesla vorbehalten, und CEO Elon Musk hat schon 2019 angekündigt, dass er es sich zurückholen will: Nach den Prototypen für das Model S mit Plaid-Antrieb, die auf der Nordschleife inoffiziell schneller waren als der frische Elektrolimousinen-Rekordhalter Porsche Taycan, will er auch den neuen Roadster zum Ring schicken, damit er dort alle Rekorde bricht.