Elektroautos wie die von Tesla können nicht nur eine Last für das Stromnetz sein, sondern auch eine Stütze: Seit Jahren wird darüber gesprochen, dass ihre Akkus verwendet werden könnten, um bei hohem Bedarf und geringer Produktion im Netz kurzfristig Strom zur Verfügung zu stellen – hunderttausende oder gar Millionen Elektroautos könnten eine gewaltige Menge Regel-Energie liefern. Erstaunlicherweise war von Tesla selbst zu diesem Thema bislang wenig zu hören. Jetzt aber zeigt sich: Model 3 und wohl auch Model Y sind auf der Hardware-Seite bereits für das so genannte bidirektionale Laden vorbereitet und könnten so zum Teil von großen Tesla-Plänen werden.
Tesla wird Energie-Versorger
Das berichtet der Blog Electrek unter Berufung auf einen Techniker, der im Auftrag eines Tesla-Konkurrenten an der Zerlegung eines Model 3 beteiligt war. „Das Design ist vollständig bidirektional“, wird der Mann zitiert. Das Ladegerät des Tesla könne also sowohl Wechselstrom aus dem Netz in Gleichstrom für den Akku umwandeln als auch umgekehrt. Wenn diese Inverter-Technologie in einem Elektroauto zu finden sei, spreche man auch von Vehicle to Grid (V2G). Das bidirektionale Design im Lader des untersuchten Model 3 sei dreifach ausgeführt, also ausfallsicher und zudem weltweit einsetzbar.
Sollten sich diese Informationen bestätigen, wären sie nicht weniger als eine Sensation. Und sie sind plausibel, denn zum einen ist das Potenzial riesig, wenn die technischen Herausforderungen und Kostenfragen von V2G gelöst sind. Zum anderen hat CEO Elon Musk im Herbst 2019 schon abstrakt gesagt, Tesla solle ein „riesiger dezentraler globaler Versorger“ werden. Dies war eher mit Blick auf die zunehmende Zahl von großen stationären Groß-Akkus und Photovoltaik-Installationen von Tesla verstanden worden. Doch viele tausend Model 3 oder Model Y hätten ebenfalls reichlich Kapazität zu bieten.
Teil von Teslas Batterie-Plänen
Zudem hat CEO Musk wiederholt von „überwältigenden“ Batterie-Plänen bei Tesla gesprochen, die jetzt in diesem Juni vorgestellt werden sollen. Die Nachrichtenagentur Reuters hat einen Teil dieser Pläne vorab erfahren und berichtete vergangene Woche von ungekannt günstigen Akkus, die zusammen mit Teslas China-Partner CATL produziert werden. Aber auch davon, dass Tesla „mit Millionen von Elektroautos“ zum Energie-Versorger werden will, war in dem Bericht die Rede. Und in Großbritannien hat Tesla bereits eine Versorger-Lizenz beantragt.
Laut dem von Electrek befragten Techniker dürfte Tesla in der Lage sein, die Hardware im Model 3 (seit wann sie darin verbaut wird, blieb zunächst offen, sie dürfte aber schon aus Kostengründen auch im Model Y zu finden sein) per Software für birektionales Laden oder V2G freizuschalten. Das wäre zum einen ein erheblicher Vorteil für bestehende Tesla-Besitzer, die ihr Elektroauto, wenn es an einer geeigneten Ladestation zuhause angeschlossen ist, dann als großen stationären Speicher einsetzen könnten – eine Powerwall auf Rädern sozusagen.
Virtuelles Netz mit Tesla-Kunden?
Und weil Tesla bereits die KI-Software Autobidder entwickelt hat, die auf der Grundlage von Strom- und Wetter-Prognosen Strategien für die Nutzung von Akkus erarbeitet, könnte das Unternehmen darüber hinaus ein virtuelles Netz mit allen teilnehmenden Besitzern von Tesla-Autos, -Heimspeichern und -Solaranlagen schaffen. Der damalige Tesla-Technikchef JB Straubel hat laut Electrek 2015 gesagt, wenn bis 2019 eine Million Elektroautos von Tesla auf den Straßen seien, ergebe das eine interessante Menge an regelbarer Energie. Die Auslieferung des einmillionsten Tesla, eines Model Y, wurde in diesem März verkündet.