Deutschland sollte die erste Batterie-Fabrik von Tesla bekommen, und sie sollte die größte aller Hersteller weltweit werden. Das sagte CEO Elon Musk im November 2020 bei einer EU-Konferenz und erfreute damit Politiker, denen an eigenen europäischen Kompetenzen auf diesem entscheidenden Zukunftsmarkt gelegen ist. Dann jedoch wurde in den USA der Inflation Reduction Act mit Batterie-Subventionen in dreistelliger Milliarden-Höhe eingeführt. Tesla hat seine europäischen Pläne daraufhin schon verschoben. Und laut einer Studie könnte Ähnliches mit 80 Prozent der gesamten in Deutschland geplanten Produktionskapazität passieren.
Tesla-Pläne mittel bis hoch gefährdet
In der am Montag veröffentlichten Studie der überwiegend von Umwelt-Verbänden getragenen Organisation Transport & Environment (T&E) wird die in Deutschland bis 2030 geplante Batterie-Produktionskapazität bei Tesla mit 125 Gigawattstunden angegeben. CEO Musk hatte zuvor von zunächst 100 Gigawattstunden und später 200-250 Gigawattstunden gesprochen, beantragt und genehmigt sind bislang 50 Gigawattstunden. Mit dem von T&E angesetzten Wert wäre die Tesla-Kapazität immer noch die höchste Europas bis 2030.
Nach Angaben der Organisation bedeutet das zugleich, dass in Deutschland innerhalb Europas das höchste Batterie-Volumen gefährdet ist, definiert als möglicherweise verzögert, verkleinert oder gar nicht realisiert. Bei Tesla stuft sie knapp die Hälfte der bislang geplanten Kapazität mit mittlerem und den Rest mit hohem Risiko ein. Damit seien insgesamt 80 Prozent aller Deutschland-Pläne gefährdet. Ein weiteres großes Projekt, das hier in Frage stehe, sei die Batterie-Fabrik des VW-Partners Northvolt im norddeutschen Heide.
Im Rest Europas soll es nicht viel besser aussehen. Hier sieht T&E 68 Prozent der geplanten Batterie-Kapazität gefährdet, die bis 2030 ansonsten auf 1,8 Terawattstunden gestiegen wäre, davon 16 Prozent im hohen Maß. Das bedeutendste Beispiel außerhalb Deutschlands ist demnach eine Batterie-Fabrik von CATL im ungarischen Debrecen (s. Grafik-Ausschnitt oben). Von T&E wird sie mit mittlerem Risiko eingestuft – ebenso wie der Großteil der Kapazität in der teils bereits laufenden CATL-Fabrik in Thüringen. Nur geringes Risiko sieht die Organisation bei den Plänen von LG Energy in Polen, wo 120 Gigawattstunden Kapazität entstehen sollen.
Batterie-Wettlauf als Nullsummenspiel
Für die Studie wurden nach ihren Angaben öffentliche Informationen zu den insgesamt knapp 50 geplanten Batterie-Großfabriken in Europa mit Blick auf Finanzierung, Genehmigung, Standort-Sicherung und Verbindungen in die USA analysiert. Theoretisch könnten dieses Land und Europa ihre Batterie-Lieferketten parallel zueinander aufbauen, schreibt T&E. In der Praxis aber seien Fachkräfte, Kapital bei den Unternehmen und vor allem Batterie-Materialien knapp. Das mache die westliche Aufholjagd bei Batterien zu einer Art Nullsummenspiel.
Zur Stärkung Europas empfiehlt die Organisation, das Verbot für neue Verbrenner-Zulassungen in der EU ab 2035 festzuschreiben – die deutsche Version der Presse-Mitteilung von Montag enthält eine Erinnerung daran, dass die FDP das gerade auf den letzten Metern zu verhindern versucht. Außerdem fordert T&E zusätzliche EU-Fördermittel und dazu Steuer-Vergünstigungen bis hinunter auf die Ebene von Rohstoff-Beschaffung. Hinzu sollen schnellere Genehmigungen für Batterie-Projekte kommen. Über diesen letzten Punkt herrschte um den Start der Tesla-Fabrik in Grünheide herum in Deutschland fast Einigkeit, doch in der Praxis scheint es zu dauern, bis der Wunsch nach mehr Tempo umgesetzt ist.