Der schnellste Seeweg von China nach Europa führt durch den Suez-Kanal – wenn er nicht gerade wie im Frühjahr 2021 von einem havarierten Frachter blockiert wird. Aktuell aber sorgt ein anderer Faktor dafür, dass Transporte unter anderem mit Elektroautos von Tesla den Umweg über das Kap der guten Hoffnung ganz im Süden Afrikas nehmen müssen: Seit Mitte November wurden im Roten Meer vor der Einfahrt zu dem Kanal mehrere Schiffe angegriffen und eines gekapert. BYD schickt Elektroautos unterdessen schon mit der Bahn von Europa nach China.
Tesla-Schiff aus China fährt Umweg
Hintergrund für die Unsicherheit am Roten Meer ist der Krieg im Gaza-Streifen, der nach der Hamas-Attacke auf Israel Anfang Oktober ausgebrochen ist. Laut einem Bericht von Nikkei Asia führt er auch dazu, dass die im Jemen aktive Huthi-Miliz Schiffe mit Israel-Bezug ins Visier nimmt, die an dem Land vorbei zum Suez-Kanal wollen. Und weil viele Auto-Fähren Ray Car Carriers gehören, der Tochter einer vom einem israelischen Geschäftsmann gegründeten Gesellschaft, sollen Elektroauto-Transporte besonders gefährdet sein.
In dem deutschen Forum Tesla Fahrer und Freunde (TFF) wurde schon Ende November gemeldet, dass die Morning Champion mit Elektroauto-Nachschub aus China unerwartet eine Route um das Kap der Guten Hoffnung nahm. Ein in der Vergangenheit für Tesla-Transporte genutztes Schiff soll sich derzeit sogar in Huthi-Hand befinden: Am 20. November verkündete die Gruppe laut Nikkei Asia, im Roten Meer die Galaxy Leader beschlagnahmt zu haben.
Kosten für Elektroauto-Transport steigen
Nach ihrer Darstellung handelt es sich dabei um ein „israelisches Schiff“, weil es als eines von 57, die etwa 9 Prozent der weltweiten Transporter-Kapazität ausmachen sollen, Ray Car Carriers gehört. Elektroautos von Tesla oder anderen dürfte es bei dieser Fahrt allerdings nicht an Bord gehabt haben, denn laut Nikkei Asia war es im Auftrag eines japanischen Logistik-Unternehmens unterwegs. Drei weitere Handelsschiffe sollen am ersten Dezember-Wochenende von Huthi attackiert worden sein. In dieser Woche folgten weitere Angriffe; Hapag-LLoyd und Maersk setzen Fahrten durch den Suez-Kanal aus.
https://twitter.com/mortenlund89/status/1735313769696198960
Die Lage am Roten Meer spitzt sich also zu, und auch die nächsten Tesla-Lieferungen aus China für Europa dürften den Umweg über das Kap der Guten Hoffnung einschlagen. Der Beobachter @mortenlund89 auf X erwartete am Donnerstag, dass das auch für die Titus gilt, die derzeit von Shanghai aus unterwegs ist. Dadurch verlängert sich die Fahrzeit jedoch um etwa zwei Wochen. Die Kosten für Elektroauto-Transporte würden so selbst dann um rund 20 Prozent steigen, wenn die tägliche Charter-Rate gleich bliebe, sagte ein Logistik-Experte gegenüber Nikkei.
BYD mit Bahn von China bis Europa
Laut dem Bericht ist damit aber nicht zu rechnen, denn schon vor der zusätzlichen Gefährdung, die bereits Umwege erzwingt, war der Markt durch zunehmende Elektroauto-Exporte aus China insbesondere von Tesla und BYD angespannt. Ende November sei die Charter-Rate für große Roro-Schiffe für bis zu 6500 Autos mit 115.000 Dollar pro Tag schon 5 Prozent höher gewesen als zwei Monate zuvor – und 640 Prozent höher als im zweiten Halbjahr 2021. Von diesem Januar bis Oktober wurden 3,9 Millionen Autos aus China verschifft, knapp 60 Prozent mehr als vor einem Jahr.
BYD is now sending EVs to EU via the Xian rail-sea intermodal train to Belgium & Netherlands
Almost all Chine to EU exports of NEVs go through Belgian ports (Antwerp?)
Xian factory is really in great location to take advantage of all the intermodal rail service to EU pic.twitter.com/EmdDD9tiAF
— tphuang (@tphuang) December 7, 2023
Vor diesem Hintergrund könnten alternative Transport-Methoden an Attraktivität gewinnen. Der große Tesla-Konkurrent BYD hat für seine zunehmenden Exporte zwar auch den Bau eigener Schiffe in Auftrag gegeben. Doch laut einer X-Meldung von vergangener Woche nutzte er jetzt erstmals die Bahn, um Elektroautos nach Europa zu befördern. Die intermodale Verbindung beginnt in der großen Stadt Xian in Zentralchina, wo BYD eine seiner Fabriken hat, und soll bis Zeebrugge führen, also der Stadt in Belgien, in der auch die meisten Tesla-Schiffe aus China und den USA für Europa ankommen.