Das System der ESG-Bewertungen für börsennotierte Unternehmen ist kaputt, befand Tesla vor kurzem unterstützt von Experten in seinem Impact Report, nachdem CEO Elon Musk sich schon vorher dahingehend geäußert hatte. Schließlich können Öl-Unternehmen gute Noten erhalten, wenn sie ihre CO2-Emissionen stetig senken und ordentliche Pläne dazu vorlegen, während der reine Anbieter von Elektroautos und sauberer Energie zum Teil aus formalen Gründen und wegen anderer Faktoren abgewertet wird. Tatsächlich verlor Tesla jetzt seine Mitgliedschaft in dem wichtigen Index S&P 500 ESG, wie in dieser Woche bekannt wurde. Dabei bestätigt eine aktuelle Studie, dass das Unternehmen fast als einziger großer Hersteller auf dem Weg ist, bis 2030 den zur Klima-Schonung nötigen Elektroauto-Anteil zu erreichen, und auch in seiner politischen Arbeit fast vorbildlich ist.
BMW und Mercedes bei Elektroautos vor VW
Die Grundlage für diese Beurteilung bildet zum einen das Elektroauto-Szenario, das nach Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) mit dem Ziel von maximal 1,5 Grad globaler Erwärmung bis 2050 vereinbar ist, erklärt der Thinktank InfluenceMap zu seiner Studie. Auf dem Weg zu 100 Prozent erfordere das in 2030 einen Anteil reiner Elektroautos an den weltweiten Verkäufen von 57,5 Prozent. Laut InfluenceMap, gegründet unter anderem von der Ikea Foundation, sind die meisten wichtigen Hersteller aber weit davon entfernt – und unterstützen sogar Lobby-Arbeit gegen strengere Emissionsvorgaben.
Dass Tesla mit seinen 100 Prozent Elektroautos seit Gründung in dieser Betrachtung gut abschneidet, ist keine Überraschung. Schon eher unerwartet kommt angesichts der öffentlichen Wahrnehmung, dass InfluenceMap auf der Grundlage von Marktforschungsdaten den zweithöchsten E-Anteil bei Mercedes erwartet: 56 Prozent in 2029 und damit wohl genug, um im Jahr darauf auch die im globalen Durchschnitt benötigten 57,5 Prozent zu erreichen. Dem Volkswagen-Konzern dagegen, der in seinem europäischen Marketing klar einen Elektroauto-Kurs verfolgt, trauen die Klima-Denker nur 43 Prozent in 2029 zu – sogar hinter BMW mit 45 Prozent.
Richtig dagegen ist laut InfluenceMap der Eindruck, dass Volkswagen sich unter den etablierten Auto-Herstellern politisch inzwischen am intensivsten für Fahrzeuge ohne Emissionen einsetzt. Insgesamt bekam der deutsche Konzern dafür die Bewertung C nach einem D- vor zwei Jahren, während Mercedes und BMW hinter den US-Größen General Motors und Ford knapp ein D+ erreichten. Schlechter kam hier nur der Weltmarktführer Toyota weg, der nicht nur in Gremien, sondern auch öffentlich hartnäckig skeptische Elektroauto-Positionen vertritt.
Tesla bei politischem Einsatz am besten
Tesla wiederum wird von InfluenceMap auch beim politischen Engagement am besten bewertet. Nur dessen Umfang soll zum Beispiel bei Volkswagen etwas größer sein, doch auf der anderen Seite haben alle Hersteller mit Ausnahme des rein elektrischen auch Verbindungen zu einer oder mehr Lobby-Gruppen, die sich gegen strengere Emissionsvorschriften einsetzen. Dazu zählen für InfluenceMap auch die Auto-Verbände in verschiedenen Ländern und Regionen wie der VDA für Deutschland. In mindestens einer Studie mit ESG-Bezug hat Tesla also die von CEO Musk wohl als selbstverständlich empfundene Spitzenposition bescheinigt bekommen. Für eine Wiederaufnahme in den als nachhaltig gedachten S&P-Index aber wird er wohl bei Social (Gesellschafts- und Arbeitsfragen) sowie Governance (regelkonforme Unternehmensführung) nachlegen müssen.