Die riesigen Megapack-Akkus von Tesla sehen eleganter aus und lassen sich nach Angaben des Unternehmens auch schneller zu stationären Speicher-Parks zusammenstellen. Doch die langfristige Speicher-Lücke, die einen Komplett-Umstieg auf Strom aus erneuerbaren Quellen bislang erschwert, könnte ein ganz anderes Konzept schließen: In der Nähe von Manchester hat der Bau einer Anlage begonnen, die ab 2022 mehr erneuerbaren Strom aufnehmen soll als der derzeit weltgrößte Speicher-Park mit Tesla-Technik. Auch sie wird als Batterie bezeichnet, hat aber mit den Produkten von Tesla und anderen Akku-Anbietern technisch ansonsten wenig zu tun.
Physik statt Chemie wie bei Tesla
Hinter dem Projekt steht das britische Unternehmen Highview Power, berichtet dazu die Zeitung The Guardian. Anders als bei Akkus wird Energie darin nicht chemisch gespeichert, sondern rein physisch. Wenn viel Strom verfügbar ist, wird er genutzt, um gefilterte Umgebungsluft so weit herunterzukühlen, dass sie sich verflüssigt und bei niedrigem Druck gespeichert werden kann. Wenn dann Strom benötigt wird, wird die Luft entnommen und treibt durch ihre Expansion bei der Erwärmung Turbinen-Generatoren an.
Wie Highview in einer Video-Animation erklärt, können dafür bewährte Standard-Komponenten aus der Gas- und Energie-Industrie verwendet werden. Die Leistung sei von etwa fünf Megawatt bis zu „hunderten Megawatt“ skalierbar.
Tesla nennt für seine Megapack-Module mit je 1,5 Megawatt Leistung und 3 Megawattstunden Kapazität System-Größen bis zu 250 Megawatt und 1 Gigawattstunde. Die aktuell größte Tesla-Anlage dieser Art besteht noch aus dem kleineren Vorgänger Powerpack und wurde vor kurzem auf 150 Megawatt bei 193 Megawattstunden Kapazität erweitert. Aktuell ist Teslas Batterie-Park in Australien der größte überhaupt, aber mehrere noch ehrgeizigere Projekte mit Megapacks und anderen Akkus laufen bereits.
Insofern dürfte man von der Batterie bei Manchester mit ihren 250 Megawattstunden nicht mehr lange sagen können, dass keine weltweit mehr Kapazität bietet. Aber das ist auch weniger entscheidend als die Tatsache, dass Luft-Speicher eine ganz andere Charakteristik haben als Chemie-Akkus. Sie mögen noch klassischen Industrie-Anlagenbau erfordern und insofern weniger modern wirken. Aber nach Ansicht von Beobachtern haben sie das Potenzial, eine bezahlbare Lösung für die langfristige Speicherung von erneuerbarem Strom zu werden.
Bislang teurer als Tesla-Akkus
Von einer „Lücke im Markt“, sprach gegenüber dem Guardian Alex Buckman von der Beratungsfirma Energy Systems Catapult. Neben schnellen Akkus würden auch Technologien für die mittel- bis langfristige Speicherung von erneuerbarem Strom gebraucht. Flüssige Luft in Gas-Tanks sei weiter entwickelt und besser skalierbar als andere Ansätze dafür wie Pumpspeicher-Kraftwerke oder Wasserstoff-Erzeugung.
Allerdings müssten die Luft-Speicher zunächst beweisen, „dass mit zunehmender Größe die Kosten sinken“, sagte Buck weiter. Das Projekt bei Manchester soll laut dem Bericht rund 94 Millionen Euro kosten, von denen 11 Millionen Euro die britische Regierung übernimmt. Damit kostet es pro Kilowattstunde Kapazität gerechnet rund 380 Euro, also bislang wohl mehr als chemische Akkus, deren Kosten Tesla inzwischen auf nahe an 100 Dollar pro Kilowattstunde gesenkt haben soll.