In einem Interview mit der Bundestag-Publikation Das Parlament hat Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) eine „komplett positive“ erste Bilanz der Ansiedlung von Tesla in seinem Bundesland gezogen. Die Elektroauto-Gigafactory in Grünheide bei Berlin sei bereits der größte Industrie-Arbeitgeber in Brandenburg und werde auch der größte Ausbildungsbetrieb werden, sagte der Minister. Die östlichen Bundesländer sieht er bei erneuerbarer Energie mittlerweile insbesondere vor den südwestlichen, was zu der Entscheidung von Tesla für Brandenburg beigetragen habe. An Wasser für mehr Industrie sieht Steinbach keinen Mangel – und an Gewerbe-Flächen schon eher.
Tesla-Tempo mit Risiko und Unterstützung
Letztlich dauerte es von der Verkündung des Standorts Grünheide Ende 2019 bis zum offiziellen Start der Gigafactory in diesem März nur etwa 2 Jahre und 4 Monate. Vorher hatte das aufgrund der komplexen Genehmigungsverfahren in Deutschland kaum jemand für möglich gehalten. Doch die Landesregierung trug nach Kräften zu einem hohen Tempo bei. Nach der Genehmigung bezeichnete der Bundesverband der deutschen Industrie die politische Unterstützung für das Projekt als vorbildlich, und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rief ganz Deutschland dazu auf, beim Energie-Umbau „in Tesla-Geschwindigkeit“ zu agieren.
Wie Steinbach jetzt in Das Parlament erklärte, funktioniert das nur, wenn Investoren wie Tesla bereit sind, ins Risiko zu gehen. Das Unternehmen baute seine Gigafactory bis zuletzt mit Vorab-Genehmigungen. Diese Vorgehensweise wird laut dem Minister beim Bau von LNG-Terminals an der Nordsee jetzt tatsächlich „kopiert“. Von der staatlichen Seite wiederum erfordere hohes Tempo Unterstützung. In Brandenburg sei das die Task-Force aus verschiedenen Ministerien und Behörden gewesen, und auch er selbst habe viele Aufgaben übernommen, sagte Steinbach. Sachsen-Anhalt habe dieses Modell für die Realisierung eines Chip-Zentrum von Intel in Magdeburg übernommen.
Minister: Noch 2022 drei Tesla-Schichten
Die Frage, wie nach knapp einem halben Jahr Betrieb seine Tesla-Bilanz ausfalle, beantwortete der Minister mit „komplett positiv“. Nicht einmal bei der Personal-Gewinnung hat die Gigafactory nach seinen Angaben große Schwierigkeiten. Seit Ende Mai laufe der Betrieb dort in zwei Schichten, bis Ende des Jahres sollen es drei sein, sagte Steinbach. Damit bestätigte er Informationen von teslamag.de von Ende Juli: Damals war von informierten Personen zu hören, dass die zwei Tesla-Schichten ab August voll besetzt werden und im Oktober eine dritte mit zunächst nur 80 Prozent Besetzung beginnen solle.
Schon in der Vergangenheit hatte Steinbach erwähnt, dass zu der Tesla-Ansiedlung auch viel erneuerbare Energie in Brandenburg beigetragen habe. Diesen Aspekt griff er in dem Parlament-Interview erneut auf. Allgemein habe der Osten Deutschlands inzwischen „einen erheblichen Ausbau-Vorsprung bei erneuerbarer Energie gegenüber den westlichen, vor allem den südwestlichen“, sagte der Wirtschaftsminister. Brandenburg und die anderen Ost-Länder übertreffen nach seinen Worten hier also die traditionellen Standorte der deutschen Auto-Industrie.
Wasser-Transport und mehr Gewerbe-Flächen
Ein heikles Thema bei den Tesla-Plänen in Grünheide war fast von Anfang an die Wasser-Versorgung. Der zuständige Verband erklärte sie früh für nicht gesichert, und noch wenige Tage vor der endgültigen Genehmigung bestand die konkrete Gefahr, dass ein Gerichtsurteil sie unmöglich machen würde. Dank einer Duldung der Landesbehörden kam sie dann doch, und Tesla konnte wenig später mit der Serienproduktion von Model Y beginnen. Grundsätzlich gebe es in Brandenburg aber kein Wasser-Problem, sagte Steinbach jetzt; es könne lediglich sein, dass es aus weiterer Entfernung transportiert werden müsse.
Eher werden in seinem neuerdings begehrten Bundesland die ausgewiesenen Gewerbe-Flächen knapp: Derzeit gebe es nur noch 1000 Hektar davon, und neue Bebauungspläne würden zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen, erklärte der Minister. Auch damit macht Tesla derzeit Bekanntschaft: Auf Initiative des Unternehmens wollte die Gemeinde Grünheide im Juni rasch ein Verfahren für einen neuen Bebauungsplan für eine Erweiterung des aktuellen Gigafactory-Geländes Richtung Osten einleiten. Doch die Abstimmung darüber wurde, offenbar wegen einer nicht sicheren Mehrheit dafür, Ende des Monats vertagt.