Das meistverkaufte Auto Amerikas ist jetzt auch elektrisch erhältlich – jedenfalls theoretisch: Am Dienstag startete Ford mit großem Medien-Getöse offiziell die Produktion des F-150 Lightning, also seines Pickup-Bestsellers mit elektrischem Antrieb. CEO Jim Farley schrieb auf LinkedIn von einem „Model-T-Moment“, weil der F-150 Lightning wie das erste Ford-Modell vom Fließband die Welt verändern werde. In der Fabrik sagte er, das Unternehmen wolle zunächst der größte Hersteller elektrischer Pickups der Welt werden und danach Tesla als größten Elektroauto-Hersteller überhaupt angreifen. Ein Schönheitsfehler dabei ist allerdings, dass der F-150 Lightning für dieses Jahr schon ausverkauft ist.
Ford-Chef bezieht sich direkt auf Tesla
In den nächsten Tagen sollen die ersten Kunden ihre elektrischen Pickups von Ford bekommen, sagte Fairley bei der Veranstaltung am Dienstag (s. Foto oben). Die Nachfrage danach scheint tatsächlich hoch zu sein. Die geplante Produktionskapazität wurde im Vorfeld mehrfach auf zuletzt 150.000 pro Jahr erhöht, doch schon Ende 2021 lagen 200.000 Vorbestellungen vor und Ford nahm keine weiteren mehr an. Ford hat also ein ähnliches Luxus-Problem wie Tesla: viel zu hohe Nachfrage für die begrenzten Produktionskapazitäten.
Die wahre Transformation zu Elektroautos in Amerika beginne jetzt, sagte Farley am Dienstag, wobei er aber anders als lange Zeit US-Präsident Joe Biden die Existenz von Tesla nicht ignorierte. Im Gegenteil sprach er den Konkurrenten mehrere Male direkt an. Unter anderem erwähnte der Ford-CEO, dass man mit dem F-150 Lightning dank bidirektionaler Technik (anders als umgekehrt) auch einen Tesla laden könne. Das Unternehmen habe die Absicht, in den nächsten vier Jahren zum größten Hersteller elektrischer Pickups aufzusteigen, sagte er außerdem. Und anschließend wolle Ford Tesla und alle anderen dabei herausfordern, der größte Elektroauto-Hersteller der Welt zu werden.
Ford CEO: We plan to challenge @Tesla and all comers to become the top EV maker in the world. pic.twitter.com/HDJsMisLjA
— Sawyer Merritt (@SawyerMerritt) April 26, 2022
Das sind große Worte, die anders als bei Auftritten von Tesla-CEO Elon Musk vom Publikum eher unbewegt zur Kenntnis genommen wurden, wie ein auf Twitter veröffentlichter Ausschnitt aus Farleys Rede zeigt. Das könnte an der anderen Kultur liegen, aber auch daran, dass die vom Ford-Chef genannte Zahl nicht übermäßig beeindruckend ist: In den nächsten vier Jahren wolle man die Produktion auf 2 Millionen Stück Elektroautos pro Jahr steigern, bekräftigte er.
Auch abhängig davon, wann Tesla seinen Cybertruck wirklich auf den Markt bringt, könnte das für die Pickup-Marktführerschaft reichen. Aber Tesla-CEO Musk rechnet schon für dieses Jahr mit 1,5 Millionen Auslieferungen und will die eigene Produktion auch in den Jahren darauf um mindestens 50 Prozent steigern. Schon 2023 würde Tesla also mehr Elektroautos bauen, als Ford sich für 2026 vorgenommen hat, und wäre in jenem Jahr nach dem Plan bei mindestens 7,5 Millionen Stück, also knapp achtmal so vielen.
Elektroauto-Einheit als „Model e“ getrennt
Zum Erreichen der Marktführerschaft sollen laut Farley Investitionen in zweistelliger Milliarden-Höhe sowie neue Modelle beitragen, die später präsentiert werden. Dazu investiert das Unternehmen auch massiv in Batterie-Produktion. Außerdem hat Ford in diesem März angekündigt, sein Elektroauto-Geschäft zwar nicht abzuspalten, aber unter dem Namen Model e intern getrennt zu führen; der frühere Apple- und Tesla-Manager Doug Field bekam eine wichtige Rolle dabei. Allerdings warnen Beobachter, außer um Elektroauto- und Batterie-Fabriken müssten sich Unternehmen verstärkt um die Rohstoffe dafür kümmern. Konkret mit Blick auf Ford schrieb ein Analyst vor kurzem, wenn jemand wisse, woher die Batterie-Materialien für das Ziel von 2 Millionen Elektroautos in 2026 kommen sollen, möge er bitte anrufen.