In Zukunft könnten die Akkus von Elektroautos als flexible Speicher für das Stromnetz genutzt werden – und diese Zukunft rückt zusammen mit der zunehmenden Verbreitung dieser Fahrzeuge immer näher. Tesla-CEO Elon Musk stand dem als Vehicle to Grid (V2G) bezeichneten Konzept bislang ablehnend gegenüber, doch nachdem sich mit Jeff Dahn sein wichtigster Batterie-Forschungspartner dafür ausgesprochen hat, könnte sich das ändern. VW-Chef Herbert Diess bekräftigte vor kurzen, dass ID-Elektroautos aus seinem Haus bis Jahresende V2H beherrschen werden, also die Versorgung von Häusern als eine Art Vorstufe für V2G. Und Ford bietet jetzt ein entscheidendes Stück Hardware dafür zu einem erstaunlich niedrigen Preis an.
9,2 kW Elektroauto-Leistung für das Haus
Verspätet, aber neuerdings so offen wie Volkswagen schon länger, setzt Ford auf einen Elektroauto-Umbau nach Tesla-Vorbild und will das neue Geschäft jetzt intern sogar getrennt führen. Teil davon ist nach dem Mustang Mach-E der Pickup F-150 Lightning, der ab diesem Frühjahr produziert werden soll. Dass er als eines der ersten Elektroautos auch V2H bieten wird, hatte Ford schon zuvor mitgeteilt. Im Februar stellte das Unternehmen die bidirektionale Ladestation Charge Station Pro dafür vor, entwickelt zusammen mit der Sparte Smart Infrastructure des deutschen Siemens-Konzerns. Und in dieser Woche entdeckte der Blog Electrek, dass sie im Online-Shop von Ford schon angeboten wird. Derzeit ist die Wallbox für zwei Richtungen zwar nicht auf Lager. Aber mit 1310 Dollar kostet sie nicht mehr, als mancher Anbieter für normale Elektroauto-Ladestationen für zuhause verlangt.
Der Nutzen dagegen könnte sich vervielfachen. Laut Ford lädt die mit Siemens entwickelte Wallbox (s. Foto oben) den F-150 Lightning mit bis zu 80 Ampere, was bei 240 Volt 19,2 Kilowatt entspricht. In die andere Richtung sind laut dem Electrek-Bericht bis zu 9,6 Kilowatt möglich – eine ansehnliche Leistung. Die Kapazität des größeren Akku im F-150 Lightning soll nach Ford-Angaben genügen, um einen typischen Haushalt drei Tage regulär und mit Rationierung sogar bis zu zehn Tage mit Strom zu versorgen. Wie der Beschreibung im Web zu entnehmen ist, muss das Haus dazu entsprechend verkabelt sein und ein „home transfer switch“ die Installation vom Netz trennen. Eine automatische Umschaltung scheint also vorerst nicht vorgesehen zu sein.
Mindestens mit der Hand aber dürfte die bezahlbare Ford-Station zusammen mit dem elektrischen Pickup ausreichen, um das Auto als Stromspeicher zu nutzen, wenn er zuhause, vor dem Büro oder der Werkstatt steht. Kunden mit flexiblen Tarifen könnten ihn also aufladen, wenn Strom gerade billig ist, und Haushalte und Unternehmen mit Photovoltaik-Anlagen deren Strom speichern und erst bei Bedarf nutzen oder verkaufen. Jeder F-150 Lightning würde so, solange er an der richtigen Wallbox steht, von einem Elektroauto zu einem Speicher. Nach Ansicht von Experten wie dem Tesla-Partner Dahn werden solche Akkus in viel größerer Zahl gebraucht, um mit den Schwankungen von mehr Wind- und Sonnenstrom zurecht zu kommen.
Tesla in Netz-Projekt mit Powerwalls
Den Schritt zu V2G, von dem das allgemeine Strom-Netz stärker direkt profitieren würde statt vor allem indirekt durch geglätteten Bedarf bei einzelnen Kunden, ist Ford zunächst nicht gegangen. Neben einer Automatisierung der Richtungsumschaltung dürfte er noch Absprachen mit Versorgern oder einem zwischengeschalteten Dienstleister erfordern. Dafür würde sich wiederum vielleicht Tesla anbieten. Denn in Kalifornien lädt das Unternehmen seit einiger Zeit Kunden mit seinem nicht fahrbaren Haus-Akku Powerwall an, damit zum Teil eines von Tesla gesteuerten virtuellen Großspeichers zu werden, um das Stromnetz zu unterstützen.